Samstag, 25. Juli 2015

Mals - gallisches Rebellendorf im Vinschgau

Fresko der Prokuluskirche, Naturns
Plakat an einem Gebäude in Mals

Im Vinschgau treffen wir auf uralte Kulturlandschaft, deren weiter entfernte Spuren sich in der Distanz von ca. 5.000 Jahren verlieren. Über Jahrtausende ist der Vinschgau ein Schmelztiegel keltischer, etruskischer, karthagischer, römischer, germanischer Kultur. Bäuerliche Kultur prägt bis heute das Tal. In der Vergangenheit wurde Getreide für den Eigenbedarf auf Terrassenfeldern angebaut. Landwirtschaft ist Im trockenen Tal auf Bewässerung angewiesen.(1) Ein aufwändiges Bewässerungssystem per Kanäle (Waale) führt Schmelzwasser von Gletschern auf Felder des Tals. Die Fruchtbarkeit vinschger Felder sicherten ehemals mehrere tausend Kilometer Waale. Ein Wasserrecht germanischen Ursprungs regelte die Verteilung. Aktuell sind nur wenige Kilometer Waale erhalten. Überwiegend befördern Pumpen Wasser der Etsch auf Felder.
Die Einwohner des Tals sind bodenständig, meistens fromm, traditionsbewusst, aber auch lebenstüchtig, aufgeklärt und schlau. Über Zeit ändert sich Kultur. Produktpolitik, Fleiß und Pestizide steigern kostengünstig den Ertrag von Landwirtschaft und damit den Wohlstand der Region. Aktuell bedient der Vinschgau den europäischen Markt mit Obst sowie zunehmend mit Beerenfrüchten, Wein und Obstbränden. Monokulturen sind anfällig für Schädlinge. Pestizide lösen vermeintlich das Problem, wenn Nebenwirkungen und Risiken des Einsatzes ausgeblendet bleiben. Wirtschaftlicher Erfolg der Monokulturen steigert deutlich sichtbar den Wohlstand im Tal. Pestizide gelten als unverzichtbarer Erfolgsfaktor. Der übliche massive Einsatz von Pestiziden findet zwar keine ungeteilte Zustimmung, aber Erfolg behält meistens Recht. Im sympathischen Rebellendorf Mals formiert sich jedoch Widerstand. Diashow der Fotoserie

Freitag, 17. Juli 2015

600 Jahre Konstanzer Konzil (22.11.1414 - 22.04.1418) - Jahr der Gerechtigkeit (2015)

„Das aber erfüllt mich mit Freude, daß sie meine Bücher doch haben lesen müssen, worin ihre Bosheit geoffenbart wird. Ich weiß auch, daß sie meine Schriften fleißiger gelesen haben als die Heilige Schrift, weil sie in ihnen Irrlehren zu finden wünschten.“ (Jan Hus)
Nach grandiosem Auftakt im Vorjahr (Post vom 10. Juli 2014) würdigt das Jubiläumsjahr 2015 des Konzils von Konstanz unter dem Titel 'Jahr der Gerechtigkeit' den tschechischen Theologen und Reformer Jan Hus. Auf Drängen von König Sigismund und unter Zusicherung freien Geleits reiste Jan Hus zum Konzil von Konstanz, um seine Lehren zu verteidigen. Am 06. Juli 1415 wurde Jan Hus als Ketzer verurteilt und mit seinen Schriften verbrannt. Seine Asche streuten Henker in den Rhein. Vor seiner Hinrichtung soll Jan Hus gesagt haben: „Heute bratet ihr eine Gans, aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen“. ('Husa' bedeutet tschechisch 'Gans'.) Der Schwan als Luthersymbol geht auf diese Aussage zurück.
Jan Hus ist zweifellos eine bedeutende geistesgeschichtliche Persönlichkeit des ausgehenden Mittelalters im Übergang zur Aufklärung. Dank John Rawls verspricht das Thema 'Gerechtigkeit' spannende Auseinandersetzungen mit moraltheoretischen Prinzipien. Unsere Erwartungshaltung wird vor Ort enttäuscht. Der Besuch im Hus-Museum ist kostenlos, weshalb wir die materialarme Ausstellung, die lediglich entlang einer Zeitachse biografische Daten aufbereitet, nicht reklamieren wollen. Recherchen im Internet sind jedenfalls ergiebiger. Den 'Hussenstein' am Rand der Altstadt, ein Findling, der am vermeintlichen Platz der Verbrennung an Jan Hus und an seinen Gefährten, Hieroymus von Prag erinnert, empfinden wir ebenfalls als ein bescheidenes Denkmal. Diashow der Fotoserie

Federsee und Federseemuseum Bad Buchau im Gebiet der oberen Donau

Federseemuseum in Bad Buchau
Plakat am Federseesteg
Kulturhistorisch Interessierte treffen im Federseebecken auf eine der bedeutendsten archäologischen Fundlandschaften Deutschlands. Der außergewöhnliche Reichtum der Natur dieser Landschaft hat Menschen schon in Urzeiten angezogen. Bewohnt ist die Landschaft wahrscheinlich schon seit mehreren hundertausend Jahren, aber mehr als 12.000 Jahre alte Spuren haben Eiszeiten gelöscht. Das Spektrum erhaltener Spuren reicht vom Nomadentum über Siedlungsformen der Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit bis zur Gegenwart.
Das Federseemuseum in Bad Buchau am Federsee im Bereich der oberen Donau macht prähistorische Kulturgeschichte in vielfältiger Art erfahrbar. Die Museumsarchitektur ist Pfahlbauten nachempfunden. In den Museumsräumen werden archäologische Funde für Laien verständlich präsentiert. Glanzstücke der Ausstellung sind größere Fragmente von ca. 5.000 Jahre alten Scheiben-Wagenrädern, die zu den weltweit ältesten Radfunden zählen. Das Rad ist jedoch vermutlich nicht am Federsee erfunden worden, sondern nahezu zeitgleich in unterschiedlichen Kulturräumen. Am Federsee entwickelten sich über Jahrtausende unterschiedliche Siedlungsformen. Nachbauten im Außenbereich des Museums zeigen anschauliche Muster dieser Siedlungsformen und ihrer Besonderheiten. Mitarbeiters des Museums demonstrieren archaische Handwerkstechniken. Ein Praktikant führt exklusiv für uns vor, mit welchen Waffen und welcher Technik Rentierjagd vor 10.000 Jahren stattgefunden hat. Der Eintrittspreis des sehenswerten Museum beträgt nur 5,50 €. Trotzdem waren wir zeitweilig die einzigen Besucher. 
Allein der Federsee rechtfertigt bereits einen Besuch. Ein 1,5 km langer Holzsteg führt durch das Schilfmeer eines großen Moores bis zu einer Aussichtsplattform am Rand des unter Naturschutz stehenden Bioreservats. Fotoserie Federsee


Donnerstag, 16. Juli 2015

Keltenmuseum in Hochdorf an der Enz

Keltische Fürstenfigur im Keltenmuseum
Grabhügel des keltischen Fürstengrabs in Hochdorf
Wenige km nördlich von Stuttgart verweisen 3 Fürstengräber und zahlreiche archäologische Funde auf ein ehemaliges keltisches Machtzentrum der Eisenzeit auf dem Hohenasperg. Archäologische Grabungen stießen 1978/79 auf den Sensationsfund eines noch unversehrten keltischen Fürstengrabes. Das 1991 eröffnete Keltenmuseum Hochdorf informiert über das archäologische Projekt, stellt Fundstücke und Gebeine des Keltenfürsten aus und zeigt im Untergeschoss eine originalgetreue Nachbildung der Grabkammer mit Repliken ihrer Ausstattung. Glanzstücke der Grabausstattung sind eine kunstvoll gearbeitete Bronzekline, ein keltischer Prunkwagen und ein mit Löwenfiguren verzierter 500 l Met fassender Bronzekessel. Ein rekonstruiertes keltisches Gehöft macht frühkeltische Siedlungen anschaulich. Der Eintrittspreis für die sehenswerte Ausstellung beträgt für das Museum inkl. Außenanlage 5,00 €. Über die Mittagszeit ist das Museum von 12:00 Uhr - 13:30 Uhr geschlossen.
Der rekonstrutierte mächtige Grabhügel des Fürstengrabes liegt in 0,6 km Entfernung hinter dem Friedhof des Ortes (Zufall?) und ist frei zugänglich. Ein großer Findling auf dem Hügel ist Menhiren nachempfunden. Vom Hügel bietet sich ein weiter Blick über die Landschaft bis zum HohenaspergFotoserie Keltenmuseum Hochdorf