Die Ausstellung Netzwerk Paris Abstraction-Création 1931–1937 (FAZ, 11.08.2025: Als die Kunst zum Schutzraum wurde) motiviert bei sommerlichem Wetter zu einem Ausflug zum ca. 50 km entfernten Arp Museum Bahnhof Rolandseck bei Remagen am Rhein. Da wir das Museum bereits zu anderen Gelegenheiten besucht haben, können wir auf einen lohnenswerten Ausflug vertrauen. - Fotoserie
Informationen zum Arp Museum Rolandseck
Foto links: Blick vom Museum über den Bahnhof Rolandseck und den Rhein nach Bad Honnef und zum Siebengebirge
Foto Mitte: Bahnhof Rolandseck und Museumsgebäude aus Richtung Rhein (Foto by Fusselkopp - Own work, CC BY-SA 3.0)
Foto rechts: Museumsgebäude aus der Vogelperspektive (Foto by Wolkenkratzer - Own work, CC BY-SA 3.0)
Der 1858 fertiggestellte Bahnhof Rolandseck war Endpunkt der privaten Bonn-Cölner Eisenbahn-Gesellschaft und ein Treffpunkt prominenter
Gesellschaft, die von hier den romantischen Mittelrhein bereiste. Das Gebäude des nach
dem 2. Weltkrieg nicht mehr bewirtschafteten Bahnhofs diente von 1964
bis 1997 als Künstleratelier und Künstlertreff. Ein herausragendes Ereignis dieser Zeit war der legendäre ZERO-Mitternachtsball der Künstlergruppe ZERO im Bahnhof Rolandseck.
In der Nacht vom 25. zum 26. November 1966 feiert die Künstlergruppe
mit diesem Fest ihre Auflösung. Auf dem Fest wurde
u.a. ein Wagen mit brennendem Stroh vom Bahnhof in Bewegung gesetzt, um
ihn im Rhein zu versenken.
Nach
umfangreichen Sanierungs- und Umbauarbeiten eröffnete der Bahnhof 2004 als
Museumsgebäude, das 2007 um einen vom US-amerikanischen
Architekten Richard Meier konzipierten Richard Meier Neubau oberhalb des Bahnhofs ergänzt wurde. Das Bahnhofsgebäude nutzen Funktionseinrichtungen sowie im ehemaligen 1. Klasse Wartesaal und dem angrenzenden Barbereich das Museumsbistro Interieur No. 253 mit einer vom Künstler Anton Henning gestalteten Einrichtung. Die Geschichte des Museums beschreibt eine Seite des Museumsportals: Geschichte des Museums
Ein Tunnel im Stil von Eisenbahntunnels verbindet das historische Bahnhofsgebäude mit dem Neubau. Der höher gelegene Richard Meier Bau
ist per Aufzug oder über 230 Treppenstufen zu erreichen. Die gelungene
Architektur des Neubaus
erstreckt sich über 3 Ebenen, von denen eine Ebene als Ausstellungsfläche
für Wechselausstellungen genutzt wird. Die obere Ebene zeigt aus einer 400 Werke umfassenden Sammlung in wechselnder Auswahl Arbeiten von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp. Da die Arps Mitglieder der Künstlerbewegung Cercle et Carré und der Nachfolge-Organisation Abstraction-Création waren, sind mehrere ihrer Arbeiten in der Sonderausstellung präsent (PDF-Flyer zur Ausstellung). Über weitere Sammlungen des Museums gibt das Museumsportal Auskunft.
Ausstellung Netzwerk Paris Abstraction-Création 1931-1947, 5.07.2025 - 11.01.2026
Die meisten der ausgestellten Werke zeigen strenge geometrische Formen mit Einflüssen von Konstruktivismus und Suprematismus. Einige präsentierte Arbeiten sind eher biomorph inspiriert. Beide Richtungen haben gemeinsam, dass sie sich mit gegenstandslosen Arbeiten vom Realismus und Symbolismus abkehrten. In der Ausstellung gezeigte und hier abgebildete Werke mit biomorphen Formen stammen von Willi Baumeiter, Otto Freundlich, Mainie Jellet, die sich als abstrakte Maler verstanden. Abgebildete geometrische Werke von Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp, Max Bill, Theo van Doesburg, Robert Delaunay fassten die Künstler als konkrete Kunst auf. František Kupka und László Moholy-Nagy gehörten nicht zur Künstlervereinigung Abstraction-Création, sie standen aber konkreter Kunst nahe.
Begriff und Programmatik konkreter Kunst hatte Theo van Doesburg entwickelt, der wie weitere flämische Künstler und die Bauhaus-Bewegung eine radikale Reform der Kunst beabsichtigte und Kunst an Grundlagen einer sich technisch,
wissenschaftlich und sozial verändernden Welt ausrichten wollte. Die Bezeichnung als konkrete Kunst besagte, dass ihre Kunst keine materielle Realität abstrahiert,
sondern mit mathematisch konstruierter Formen- und Farbensprache Ideen bzw. Visionen einer nach wissenschaftlichen Kriterien modellierten Welt konkretisiert. Details der um Arbeiten aus jüngerer Zeit ergänzten Ausstellungen
beschreibt das Museumsportal und zeigt eine Auswahl von Arbeiten: Netzwerk Paris Abstraction-Création 1931–1937.
Die ausgestellte kosmopolitische Künstlergruppe strebte nach
Freiheit von Kunst und kämpfte nicht nur für die Befreiung der Kunst von
Fesseln der Vergangenheit, sondern verstand sich als gegen den
Faschismus kämpfende politische Avantgarde. Im Nationalsozialismus galten gegenstandslose Werke als entartet und auch jenseits des Nationalsozialismus genossen abstrakte oder konkrete Kunst keine Wertschätzung und waren nicht marktfähig. Künstler der Werke waren nicht nur erfolglos, sondern sie wurden politisch angefeindet oder sogar verfolgt und in Deutschland mit Berufsverboten vermeintlich unschädlich gemacht.
Nach dem 2. Weltkrieg verbreitete sich allmählich die Überzeugung, dass Kunst nach Erfahrungen des Infernos von zwei Weltkriegen nicht länger in der Vergangenheit verharren könne, sondern sich als kritische Avantgarde verstehen solle. Diese Ansicht verhalf Werken und Ideen von Künstlern der Vereinigung Abstraction-Création und anderen Bewegungen abstrakter Kunst zunächst noch zögerlich zum nachhaltig erfolgreichen Durchbruch. 1948 konstituierte sich die als Avantgarde gegen akademische und soziale Normen arbeitende Künstlergruppe CobrA und löste sich bereits 1951 wegen Erfolglosigkeit wieder auf. Ein erfolgreicher Durchbruch gelang abstrakter Kunst erst 10 bis 20 Jahre später. Werke der Künstlervereinigung Abstraction-Création und der Künstlergruppe CoBrA zählen in der Gegenwart zur modernen Klassik bzw. Avantgarde von gestern und gelten als Vorläufer und Wegbereiter des abstrakten Expressionismus sowie generell abstrakter Gegenwartskunst.
Ausklang unseres Besuchs
Wie bei vorhergehenden Gelegenheiten wollten wir den Museumsbesuch im Museumsbistro Interieur No. 253 ausklingen lassen. Da der Zugang zur Außenterrasse mit einer Kordel abgesperrt war, standen wir zunächst am Eingang zum großen Saal an einem Schild, das uns zum Warten aufforderte, bis wir platziert würden. Damit haben wir prinzipiell kein Problem, aber wir fühlten uns an Estragon und Wladimir erinnert, die Beckett vergeblich auf Godot warten ließ. Da der große Saal des Bistros nicht besetzt war, weil Gäste auf der Außenterrasse saßen, waren wir an der Tür nicht zu übersehen, aber den Saal durchquerende Servicemitarbeiter ignorierten uns. Entgegen der Aufforderung sind wir schließlich auf einem Umweg zur Terrasse gelangt. Wie auch das Museum, war die Terrasse des Bistros gut besucht, aber mehrere attraktive größere Tische mit freiem Ausblick waren unbesetzt. Uns wurde jedoch ein nicht abgeräumter 2er-Katzentisch an der Hauswand in praller Sonne zugewiesen. Als dankbare Bittsteller möchten wir nicht einkehren. Wo wir offensichtlich nicht willkommen sind, verzichten wir auf einen Besuch, endgültig.
Posts zu vorausgegangenen Besuchen des Arp Museums Rolandseck:
- 07.05.2019 Otto Piene - Alchemist und Himmelsstürmer
- 19.06.2015 Bernard Schultze zum 100sten Geburtstag
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