In der Gegenwart betreiben Benjamin Pfeifer, Partnerin Bettina Thiel und Kochfreund Max Goldberg seit Mitte 2017 im 'Weinkastell' das international beachtete Restaurant Intense.(3) Bereits im Jahr der Eröffnung zeichnet der Guide Michelin die japanisch inspirierte pfälzer Avantgarde-Küche mit einem Stern aus. Die Gourmet-Zeitschrift 'Der Feinschmecker' kürt das Intense zum Restaurant des Jahres 2018/2019 und vergibt 4F. In Ranglisten ist das Restaurant unter den Top 100 Deutschland gelistet. Benjamin Peifer ist ehrgeizig und strebt Platz 1 unter den besten Restaurants der Pfalz an. Von der spannenden Entwicklung möchten wir uns ein eigenes Bild machen und feiern unseren diesjährigen Geburtstag mit großem Essvergnügen im Restaurant Intense des Weinkastells. - Fotoserie: Restaurant Intense
Um das Restaurant mit kleiner Mannschaft und max. 26 Plätzen wirtschaftlich betreiben zu können, müssen sich Gäste auf das Omakase-intense-Prinzip einlassen (japanisch: überlasse es mir, pfälzisch: 's werd gesse, was uff de Disch kummt!). Serviert wird 'ohne Wenn und Aber' ein überwiegend aus regionalen Produkten bestehendes 15-gängiges Menü zum Preis von 120 € inkl. Wasser. Änderungen sind nicht vorgesehen. Wer auf vegetarische oder vegane Kost fixiert ist, hat ebenso Pech wie Allergiker mit gefährlichen Essstörungen. Unter Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) leidende Menschen haben dagegen Glück: Brot wird nicht gereicht.
Gäste müssen klingeln, um eingelassen zu werden, jedoch nicht vor 19:00 Uhr. Wer früher erscheint, muss vor der Tür warten. Das Kreuzgewölbe des Gastraums ist unverändert. Passend zum Küchenstil ersetzt jedoch eine minimalistisch-stylische Einrichtung die ehemals barocke Ausstattung. Im Gastraum sind vier 4er-Tische ohne Tischtuch locker verteilt. Ein Stammtisch für 8 Personen steht im Durchgang zur Küche. Voll besetzt ist heute keiner der Tische.
Konventionen der Spitzengastronomie übergehen die Betreiber des Restaurants souverän. Relativ laute Lounge-Musik mit Pop, Rock, Blues begleitet das Menü. Gäste werden konsequent geduzt. Bis auf zwei Ausnahmen wird kein Besteck gedeckt. Am Platz liegen Löffel und Gabeln in einem Holzkästchen bereit. Gäste entscheiden selbst, welches Besteck sie nutzen wollen. Nur ein Gericht benötigt ein Messer, das selbstverständlich ausgelegt wird.
Mit der Speisekarte müssen wir uns nicht lange beschäftigen. Das Menü ist fix und kann lediglich um zwei hochpreisige Komponenten erweitert werden. Wir bleiben beim Grundmenü. Der Aperitif ist schnell geklärt. Zur Auswahl stehen Riesling-Sekt, Rosé-Sekt oder Champagner. Wir entscheiden uns für Rosé-Sekt von Weingut Eymann und werden nicht enttäuscht.
Die Weinkarte fokussiert auf Pfälzer Weine, sie enthält aber auch einige Weine aus anderen deutschen Anbaugebieten und aus dem Ausland. Weine werden nur flaschenweise ausgeschenkt. In Anbetracht der Vielfalt des Menüs vertrauen wir Bettina Thiels Auswahl der Weinbegleitung zu den Gängen 4 bis 12 und fahren gut mit dieser Entscheidung. 65 € für 9 hochwertige Weine sind fair kalkuliert. Außerdem lernen wir auf diesem Wege neue Weine kennen, die wir aufgrund von Unkenntnis selbst nicht bestellt hätten.
Köche des Restaurants servieren und erläutern ihre Gericht an den Gästeplätzen. Betti (Bettina Thiel) ist Maître und Sommelière des Restaurants. Rebecka unterstützt sie im Service. Die Bekleidung der beiden Damen kommentiert die Intense-Programmatik. Zur Askese ausstrahlenden schwarzen Bekleidung mit japanischem Kimonogürtel tragen die Damen Sneaker.
Konzept und Einrichtung des Restaurants gefallen uns. Das Du und eine lockere Hemdsärmeligkeit der Mitarbeiter stören nicht. Musik wirkt jedoch zwangsläufig polarisierend. Da wir kein Konzert, sondern ein Menü gebucht haben, sollte Musik in einem Restaurant mehr Konzilianz vermitteln.
Intense-Menü am 28.02.2019
Texte zur Gangfolge und den begleitenden Weinen beschränken sich auf Namen und Bezeichnungen. Auf Beschreibungen von Sensorik, Aromatik oder Texturen verzichtet der Post, weil Beschreibungen keine Geschmackserlebnisse ersetzen und Geschmackserlebnisse von individuellen Ausprägungen dominiert sind, die sich Dritten niemals vollständig vermitteln lassen. Das Menü werten wir als absolut großartig und würdig einer Auszeichnung mit 2 Sternen. Küchen der Weltspitze mit 3 Sternen realisieren mitunter eine größere Komplexität und Tiefe ihrer Gerichte, aber sie operieren auch mit einem ungleich höheren Aufwand und rufen ungleich höhere Preise auf.
("Gequellde" ist pfälzisch für Pellkartoffel. "Weißer Kees" ist pfälzisch für Quark.
Wikipedia: Gequellde mit weiße Kees)
"Hommage an die Pfalz" - Forelle im würzigen Sud, kalt serviert
"Dampfnudel un Woisoss" - Dampfnudeln mit Rieslingschaumsauce
Die Dampfnudeln sind noch einmal in der Pfanne aufgebacken und werden warm zur aufgeschäumten kalten Weinsauce gereicht.
"Birnbaums Saibling und Pilze von Dr. Philip"(4)
Links:
"als Sashimi mit Verjus und Pfälzer Ingwer"
Weinbegleitung: Sauvignon Blanc 2017,
Weingut Seckinger, Niederkirchen
Rechts:
"sanft gegart mit japanischem Eierstich und Trüffelfond"
Weinbegleitung: Weißburgunder Paradiesgarten 2017, Weingut Seckinger, Niederkirchen
"Stör über Holzkohle gegrillt, Spargel aus 2018, Umami-Speck und Kartoffel"
Weinbegleitung: Im Barrique ausgebauter Voigner, Rhone, dekantiert
"Aal "Donburi", grüne Erdbeere und schwarzer Knoblauch"
Weinbegleitung: Im Barrique ausgebauter Voigner, Rhone, dekantiert
"Falscher Marshmallow"
- fruchtig-zitroniges Parfait
"Ente von Werner Volk trocken gereift
- Fleisch von der Keule im Crêpes"(5)
Weinbegleitung: Dhroner Hofberg Riesling 2011 GG, Weingut Grans-Fassian, Leiwen
"Ente von Werner Volk trocken gereift
- Entenbrust"(5)
Weinbegleitung: Kirschgarten Pinot Noir 2014 GG, Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim
Zu diesem Gang wird ein Messer gereicht, das auch unbedingt gebraucht wurde. Dem sehr aufwendig zubereiteten und sehr schmackhaften Fleisch fehlte die erwartete Zartheit. Es war ähnlich fest wie eine Scheibe südtiroler Speck.
"Ein Stück Käse" - Frischkäse im Feigensud
Weinbegleitung: Kirschgarten Pinot Noir 2014 GG, Weingut Philipp Kuhn, Laumersheim
"Sanddornsorbet und Karaottentartar und Haselnuss, Sansho-Baiser und Entenleber"
(Die Entenleber wird als gefrorene Wurst am Tisch geraspelt.)
Weinbegleitung: Riesling Kabinett Limestone 2017, Weingut Keller, Flörsheim-Dahlsheim
"Erster Rhabarber, Shiso und Milch unter salzigem Eischnee"
Weinbegleitung: Cidre cuvée 2014
"Bienenstich Intense"
als Petit Four zum Espresso
Der 15. Gang wird in einer Pappschachtel als "Frühstück to Go" überreicht, mit dem Sebastian Pfeifer an seine Wurzeln als gelernter Bäcker erinnert. Die Pappschachtel enthält ein schmackhaftes Brötchen und ein Gläschen mit Butter.
Beim Aufbruch bietet Betti uns einen Blick in die Küche an. Diese Gelegenheit lassen wir uns natürlich nicht entgehen. In der Küche ist nach dem Service die Arbeit noch nicht beendet. Beim Blick in die Küche ist die 4-köpfige Crew mit der Reinigung der Küche beschäftigt.
Fazit
Trotz missglückter Entenbrust erleben wir einen großartigen Abend in einem großartigen Restaurant mit mutiger Küche auf dem Weg zur absoluten Spitze. Wir fragen uns jedoch, warum der Guide Michelin nicht den 2. Stern verliehen hat. Einen Vergleich mit dem Kölner Restaurant Ox & Klee, das jüngst den 2. Stern erhalten hat, besteht das Restaurant Intense allemal und liegt in der persönlichen Rangliste vor Ox & Klee.
Anmerkungen
- Das Gasthaus „Weinkastell“ baute Architekt Ernst Koehler 1956 als historisierenden Fachwerkbau auf einem massiven Sockel unter Einbeziehung spätbarocker Fassadenelemente.
Deutlich älter ist das Nachbargebäude des Weinguts Köhler-Ruprecht. Die Hofanlage des ehemaligen Gasthofs 'Zum Goldenen Hirsch' ist auf das 18. Jahrhundert datiert und integriert einen spätbarocken Torhausbau sowie Gebäudeteile aus dem Jahr 1556.
- Ein Rückblick auf dieses Ereignis beschreibt der Post: Geburtstag 1990 - When We Were Young
- Restaurant Intense in Printmedien:
- Die Rheinpfalz: Benjamin Pfeifer lässt in "Ross" Stern funkeln
- Stef's Table: Restaurant Intense, Kallstadt
- Tischnotizen: Intense, Kallstadt
- AHGZ: Der Koch bestimmt das Menü
- GQ Magazin: Die besten neuen Restaurants der Welt
- Birnbaum ist ein bayerischer Edelfischzucht-Betrieb.
Süddeutsche Zeitung: Toller Hecht
Dr. Filip ist der Name des Betreibers der ökologischen Pilzfarm Bärenbrunnermühle - Werner und Cornelia Volk, Fleischlieferanten des Restaurants, betreiben im Nordschwarzwald einen auf Nachhaltigkeit und Tierwohl ausgerichteten Bauernhof: Wagyu und Angus
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