|
Front des Albertinums in Dresden |
Nach aufwendigem Umbau beherbergt das
Albertinum am Ende der
Brühlschen Terrasse seit dem Jahr 2010 die
'Galerie Neue Meister' und die
Skulpturensammlung der
Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Die Qualität dieser Sammlung und zwei aktuelle Sonderausstellungen motivieren unseren Besuch:
|
Eingangsgewölbe im Albertinum |
Dass die Sonderausstellung
'Hintergrundgeschichten Georg Baselitz' für uns ausfällt, haben wir selbst versemmelt. Mit etwas mehr Aufmerkamkeit hätten wir erkennen müssen, dass die Ausstellung Räume des
Residenzschlosses nutzt und Ausstellungen in Räumen des Schlosses dienstags geschlossen sind.
Unsere Irritationen sind damit noch nicht erschöpft. Ordnungen sind hilfreich für das Verständnis
komplexer Sachverhalte. Die Bildung ordnender Strukturen beruht auf
willkürlichen Entscheidungen, deren Logik einsichtig sein sollte. Wenn
die 'Galerie
neuer Meister' einen zeitlichen Bogen von der
Romantik bis in die Gegenwart spannt, ist die Logik dieser Ordnung für
uns nicht nachvollziehbar. Einwände gegen strukturelle Prinzipien zielen
nicht auf die Qualität ausgestellter Werke. Die Qualität einzelner Werke ist exzellent. Das Spektrum ist jedoch eher schmal.
|
Klingersaal im Albertinum |
Ein weiteres Rätsel gibt das prinzipielle Verbot des
Fotografierens von Sammlungen auf. Andere Museen untersagen lediglich
Aufnahmen mit Blitzlicht oder Stativ. Teilweise verlangen Museen die
Beachtung besonderer Richtlinien (z.B. in der
Kunsthalle Schirn, Frankfurt)
oder die Entrichtung zusätzlicher Gebühren (was in Zeiten enger Budgets
verständlich ist). Prinzipielle Fotografieverbote kennen wir lediglich
aus Italien, wo sie jedoch nur nachlässig überwacht werden.
Möglicherweise motiviert der Ruf Dresdens als 'Elbflorenz' das
Fotografieverbot und verbündet sich mit deutscher Gründlichkeit. Wie
auch immer, gleich bei der ersten Aufnahme im Klingersaal stürmt die
Aufsicht herbei. Freundlich und unmissverständlich werde ich auf das Fotografieverbot hingewiesen. Eigene Fotos beschränken sich daher (bis auf wenige Ausnahmen)
auf Räume außerhalb der Sammlungen.
Diashow der Fotoserie
|
Lichthof im Albertinum |
Gibt es auch
positive Eindrücke? Oh ja, sogar außergwöhnlich positive Eindrücke, die begeistern könnten, wenn nicht die oben beschriebenen und weiter unten angemerkten Irritationen stören würden.
Großartig gelungen ist der neugestaltete Lichthof, der nur wie ein Lichthof wirkt. Wegen der Hochwassergefahr wurden im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen Depot- und Werkstatträume aus Kellergeschossen in neue Dachgeschosse verlegt, die über dem ehemals offenen Innenhof zu schweben scheinen
(Schnittperspektive).
Empfangen werden Besucher von drei überlebensgroßen Bronzefiguren der deutschen Bildhauerin Stella Hamberg, die ihre Plastiken als
'Berserker' bezeichnet.
|
Berserker, Stella Hamberg |
|
Berserker, Stella Hamberg |
|
Berserker, Stella Hamberg |
Ständige Ausstellungsräume des 1. Obergeschosses sind der 'Klingersaal', benannt nach
Max Klinger, der neben Arbeiten von
Arnold Böcklin und
Gustav Klimt mit etlichen Werken vertreten ist, sowie der 'Mosaiksaal', benannt nach einem Mosaik der römischen Kaiserzeit, dessen Echtheit jedoch angezweifelt wird. Beide Räume vermögen uns nicht zu faszinieren.
|
Einer von zwei Richter-Räumen der ständigen Ausstellung |
|
Baselitz-Raum der ständigen Ausstellung |
In der ständigen Ausstellung des 2. Obergeschosses repräsentieren
Georg Baselitz (ein Raum) und
Gerhard Richter (zwei Räume) die Gegenwart. An weitere Künstler erinnern wir uns nicht. Fotos, die unsere Erinnerung unterstützen könnten, sind nicht erlaubt (s.o.). Richter und Baselitz sind herausragende Künstler, aber auch nur Facetten einer Kunst der Gegenwart, die viel breiter ist, als sie uns hier begegnet.
Die Sonderausstellung
'Gerhard Richter Streifen + Glas' (3 Räume) bietet interessante Muster. Anteile an deren Entstehung haben Einflüsse des Zufalls. Positv ließe sich argumentieren, dass sich diese Kunst der Natur annähert und dazu beiträgt, das Schisma von Natur und Kultur zu überwinden. Dagegen lässt sich einwenden, dass (1) Kultur mit der Abspaltung von Natur entsteht, (2) dieser Prozess nicht umkehrbar ist und (3) eine Bewertung dieser Entwicklung als 'Sündenfall' oder als 'Fortschritt' eine Befangenheit durch präjudizierende Wertvorstellungen entlarvt. Das Leiden an dem nicht auflösbaren und sowohl intellektuellen wie auch emotionalen Konflikt zwischen Natur und Kultur scheint der (vielleicht nicht einzige) Treibstoff für die Entstehung von Kunst zu sein. Gemäß dieser Sichtweise vermag Maschinenkunst nur gefällige Muster ohne emotionalen Kraft zu erzeugen. Die Verklärung zu Kunst besorgen Mechanismen des Marktes. Marktmechanismen interessieren uns nur am Rande. Wir möchten emotional berührt werden.
Ebenfalls im 2. Obergeschoss sind Klassiker von der
Romantik bis zur
Neuen Sachlichkeit ausgestellt. Die Romantiker
Casper David Friedrich und
Ludwig Richter sind mit bedeutenden Werken präsent. Inwiefern diese Arbeiten unter 'Moderne' einzuordnen sind, bleibt ungeklärt. Kunst des 20. Jahrhunderts ist mit einigen hochwertigen Arbeiten französischer und deutscher Maler des
Impressionismus (wie Claude Monet, Edgar Degas,
Max Liebermann, Max Slevogt) und mit bedeutenden Werken
expressionistischer Maler (wie Otto Dix, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff) vertreten. Einzelne und eher unbedeutendere Arbeiten herausragender Maler des 20. Jahrhunderts machen bewusst, wie schmal der präsentierte Ausschnitt moderner Klassik tatsächlich ist. Lücken können dem Museum nicht zum Vorwurf gemacht werden. Es kann nur zeigen, was die Bestände hergeben. Wenn jedoch auf der Webseite der
'Galerie Neue Meister' dieses Museum
"...zu einem der wichtigsten Museen seiner Art in Deutschland" erklärt wird, ist dieses Selbstlob übertrieben.
|
Blick in die Skulpturensammlung des Albertinums |
Qualifizierte Anmerkungen zur Skulpturensammlung sind uns mangels eigener Kompetenz nicht möglich. Zahlreiche Objekte empfinden wir als interessant. Auf vergleichende Bewertungen müssen wir verzichten.
Lohnt sich der Besuch? Ja! Bereits das Architekturkonzept ist den Besuch wert. Aber auch Meisterwerke der Kunstgeschichte finden in dieser Umgebung eine ihnen würdige Präsentation. Den selbst formulierten Anspruch des Musuems werten wir jedoch als zu hoch angesetzt, wenn wir an Museen in Berlin, Köln, München oder Wien denken.
Der Eintrittspreis von 10 € (Normalpreis) umfasst Sonderausstellungen und Audioguide. Montags ist das Museum geschlossen.
Webseite des Albertinums
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen