Mittwoch, 30. Oktober 2013

'Albrecht Dürer - Deutscher Meister', Sonderausstellung im Städel Museum, 23. Oktober 2013 - 02. Februar 2014

Städel Museum aus Richtung Holbeinsteg
Neben dem Konzert der Jan Garbarek Group in der Alten Oper ist ein Besuch der Sonderausstellung 'Dürer - Deutscher Meister' im Städel-Museum das zweite Highlight unseres Kulturausfluges nach Frankfurt.
Erst vor wenig mehr als einem Jahr zeigte das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg die große Sonderausstellung 'Der frühe Dürer'. Ob die aktuelle Ausstellung neue Perspektiven auf Albrecht Dürer (1471 - 1528) und sein Werk bietet, ist eine Frage, mit der wir anreisen. Unabhängig von der Beantwortung lohnt sich ein Besuch der Sonderausstellung unbedingt, weil Dürer immerhin mit 190 eigenen Werken ausgestellt ist und 60 korrespondierende hochwertige Werke im Kontext seiner Zeit die aktuelle Schau ergänzen. Diashow der Fotoserie mit Außenaufnahmen




Holbeinsteg
Blick vom Holbeinsteg auf die Frankfurter Mainkulisse
Um das Städel-Museum am Schaumainkai zu erreichen, überqueren wir bei sonnigem Herbstwetter den Main via Holbeinsteg, eine Fußgänger-Hängebrücke, von der wir auf das Museum und auf die Frankfurter Mainkulisse blicken. Plakate an den Stützpfeilern der Brücke machen auf die Dürer-Ausstellung aufmerksam.
Wir erinnern uns an lange Besucherschlangen, die 2009/10 auf Einlass zur Botticelli-Ausstellung warteten und uns von einem Besuch dieser Austellung abschreckten. Heute reisen wir mit vorab erworbenen Online-Tickets an, die uns jedoch keinen Vorteil verschaffen, weil der Andrang an diesem Wochentag überschaubar bleibt. (Erfahrungsgemäß konzentriert sich höherer Besucherandrang auf Wochenenden und nimmt gegen Ende der Ausstellungsperiode zu.) Innerhalb der Ausstellungsräume treffen wir aber auch heute auf ein dichtes Publikum, so dass wir uns bei etlichen der vielen kleineren Formate dieser Ausstellung anstellen müssen, um Werke aus der Nähe betrachten zu können.

Das Fotografieren ist Besuchern in den Ausstellungsräumen nicht gestattet, was einerseits schade ist, andererseits aber auch verschmerzt werden kann in Anbetracht des reichhaltigen Informationsmaterials im Internet und des dichten Besucherstroms, der keine geeigneten Fotobedingungen ermöglicht. Eigene Fotos zeigen daher nur Außenaufnahmen. Eingefügte Fotos von Dürer-Arbeiten sind in 'Wikimedia Commons' als 'public domain' verfügbar. Eine von HR Online bereitgestellte Bildergalerie zeigt einen Ausschnitt der ausgestellten Werke. Weitere Eindrücke der Austellung bietet der eingebundene Ausstellungsfilm des Museums.




Der Aufbau der Ausstellung ist zweidimensional organisiert. Die Zusammenstellung von Tafelbildern orientiert sich an Dürers Biographie bzw. seine Reisen durch Europa. Die ausgestellten Arbeiten machen deutlich, dass Dürer in einer Zeit der Umbrüche lebte. Spätmittelalterliche und altniederländische Einflüsse vergangener Epochen mischen sich mit Einflüssen der in Italien aufblühenden Renaissance. Die zweite Präsentationsachse der Ausstellung richtet sich an unterschiedlichen Techniken aus. Die vorderen Ausstellungsräume zeigen Tafelbilder und Zeichnungen (Skizzen oder Studien). In den daran anschließenden Ausstellungsräumen ist Dürers grafisches Werk zu besichtigen, das ihn schon zu seiner Lebenzeit berühmt machte. Mit seinen Holzschnitten und Kupferstichen zeigt Dürer die herausragende Qualität seines Könnens. Dürer nutzt die aufkommenden Techniken des Buchdrucks, emanzipiert jedoch seine Grafiken von ihrer Funktion als Buchillustrationen. Dürer nimmt aktiv an aufblühenden Wissenschaftsdisziplinen teil. Er beschäftigt sich mit Mathematik, Biologie, Anatomie, Architektur und Fragen der Ästhetik. Dürer verkehrt in humanistischen Kreisen. Mit dem bedeutenden und einflussreichen Humanisten Willibald Pirckheimer, ein Berater des Kaisers Maximilian I., verbindet Dürer eine lebenslange Freundschaft. Pirkheimer vermittelt Dürer, der selbst kein Studium absolviert hat, nicht nur die Welt aufgeklärten Denkens, er finanziert auch Dürers zweite Italienreise. Dürers Erfahrungen ermutigen ihn, den Erfolg seiner Arbeit nicht dem Zufall zu überlassen. Gemäß Denkweise und Sprache unserer Zeit nimmt er das Management der Vermarktung seiner Arbeit selbst in die Hand.
Einen biographischen Überblick bietet die Webseite des Museums: Albrecht Dürer (1471 - 1528).

Auf mehreren Reisen durch Europa lernt Dürer die europäische Hochkultur seiner Zeit kennen, die nachhaltige Spuren in seinen eigenen Arbeiten hinterlässt. Dürers Reisewege, ihre Einflüsse auf seine eigene Arbeiten sowie Einflüsse von Dürers Werken auf die europäische Malerei vermittelt eine Sonderseite von HR Online zur Dürer-Ausstellung: Mit Dürer durch Europa. Auf seinen beiden Reisen nach Venedig (1495 - 1496 und 1505 - 1507) beeindrucken Dürer Maler der Renaissance. In Venedig lernt Dürer Giovanni Bellini (1437 - 1516) kennen (in dessen Werkstatt u.a. Giorgione und Tizian arbeiteten), für Dürer der bedeutendste Maler seiner Zeit. Dürers Begeisterung für die Renaissance und insbesondere für Bellini inspiriert in der Folge seine eigenen Arbeiten, die sogar im selbstbewussten Venedig hohe Anerkennung finden. Auf seiner Reise durch die Niederlande (1520/21) befindet sich Dürer bereits auf dem Zenit seiner Karriere und erfährt in mehreren niederländischen Städten höchste Ehren. Seine Arbeiten werden von angesehenen niederländischen Malern kopiert. Dürers eigene Aufzeichnungen dieser Reise zeichnen das Bild eines eitlen Pedanten und kleinlichen 'Pfennigfuchers'.

Ehrenpforte (Holzschnitt)
Dürer ist nicht nur von der venezianischen Renaissance beeindruckt, sondern auch vom Status ihrer selbstbewussten Künstler, die nicht mehr als Handwerker gelten, sondern als angesehene und hoch bezahlte Stars und sich auch als solche inszenieren. Dürer, dessen Fähigkeiten sich mit den besten venezianischen Malern messen können, reicht es nicht, sein Können zu beweisen. Dürer strebt nach Ruhm und vor allem nach Geld. Den Schlüssel für den Zugang zur Karriere findet Dürer in Venedig. Nach dem Vorbild venezianischer Renaissance-Maler stilisiert sich Dürer im Leben und in seinen Selbstporträts als 'Künstler'. Er betreibt erfolgreiches Marketing, um einen Markt zu erschaffen, auf dem seine Arbeiten begehrt sind. Mit der wachsenden Nachfrage erzielen seine Arbeiten hohe Preise. Dürer entwickelt sich auf europäischer Ebene zu einem Star der Malerei. Ab 1509 ist Dürer Gesandter des Größeren Rats in Nürnberg. Kaiser Maximilian I. wird auf Dürer aufmerksam. Er beauftragt Dürer mit Arbeiten und zahlt ihm ein großzügiges Jahresgehalt. In Anlehnung an antike Triumphbögen wünschte der Kaiser von Dürer und weiteren Künstlern der Zeit einen Entwurf für eine monumentale Ehrenpforte. Der Entwurf setzt sich aus vielen Einzelblättern zusammen, die 1526, sieben Jahre nach Maximilians Tod, erstmals als ein monumentales Holzschnittwerk gedruckt wurden. Zusätzlich entwarf Dürer einen Triumphwagen für den Kaiser und seine Familie. Mit seinem Tod hinterlässt Dürer 1528 nicht nur ein bedeutendes Gesamtwerk, sondern auch ein beachtliches Vermögen. (Dürer-Porträt im PDF-Format von Karl-Hermann Eckmann)

Triumphwagen (Zeichnung)
Die Entwürfe der Ehrenpforte und des Triumphwagens sind im Städel-Museum ausgestellt. Die Bilder der Ausstellung sind jedoch so gehängt, dass der Blick zunächst auf 25 Tafelbilder Dürers fällt, die nicht unbedingt zu seinen bedeutendsten Werken zählen. (Die etwa in der Alten Pinakothek München ausgestellten Werke gelten als nicht transportfähig.) Glanzstück der Frankfurter Ausstellung ist das Tryptichon des Heller-Altars. Die seit Jahrhunderten verstreuten Einzeltafeln des Alters sind erstmals wieder als Gesamtwerk zu besichtigen. Die verschollene Haupttafel im Zentrum ersetzt eine im 17. Jahrhundert entstandene Kopie.
(Heller-Altar, Bild des Monats im Städel Blog)

Den größeren Anteil der ausgestellten Werke bilden kleinformatige Arbeiten. Neben insgesamt 80 meisterlichen Zeichnungen sind 80 Holzschnitte und Kupferstiche zu besichtigen. Die Entstehung der Grafiken ist auf den Buchdruck zurückzuführen, der sich in der Dürerzeit entwickelt. Dürer nutzt diese Option, um zunächst Holzschnitte und später auch Kupferstiche als eigenständige Arbeiten (jenseits von Buchillustrationen) zu etablieren und sie als reproduzierte Originale zu vermarkten. Neue Technologien begünstigen auch die Entwicklung neuer Probleme. Bereits Dürer muss sich mit Raubkopien und Plagiaten auseinandersetzen. Als erster Künstler kennzeichnet Dürer seine Grafiken systematisch mit einer Signatur, seinem berühmten Monogramm. Aber auch dieses Qualitätsiegel wurde bald gefälscht. Als Hofmaler gelingt es Dürer, einen Urheberschutz unter dem Protektorat des Kaisers zu erhalten.

Vier apokalyptischen Reiter (Holzschnitt)
Melancholia (Kupferstich)
Ein Höhepunkt der aktuellen Ausstellung ist der Zyklus von 15 Holzschnitten der Apokalypse (1498), der Dürer in seiner Zeit berühmt machte und bis heute zu den bekanntesten Arbeiten Dürers zählt.
Noch kunstvoller als Dürers Holzschnitte sind seine später entstandenen Kupferstiche gearbeitet, die trotz ihrer Farblosigkeit mit ihrer außergewöhnlichen Tiefe und Intensität beeindrucken.
Die rätselhafte Arbeit Melancholia (1514) wird unter Dürers graphischen Meisterwerken eingeordnet. Die komplexe ikonographische Symbolik des Kupferstiches entzieht sich einer vollständigen Entschlüsselung und öffnet damit Räume für unterschiedliche Interpretationen.




Exklusivität unseres Besuchs erwarten wir natürlich bei dieser Sonderausstellung nicht. Trotzdem sei angemerkt, dass eine Vielzahl parallel stattfindender Führungen größerer Gruppen sowie relativ laute Audioguides unsere Konzentration behindern. Mit diesem Manko können wir uns jedoch eher arrangieren als mit den Schrifttafeln der ausgestellten Werke. Die kleine Schrift wirkt in der dunklen Umgebung geradezu besucherfeindlich, weil sie nur aus kurzer Entfernung zu enträtseln ist und daher aufgrund des hohen Besucherandrangs dieser sehenswerten Ausstellung ein zumindest teilweise vermeidbares Gedränge provoziert.

Der Normalpreis des Tickets beträgt an Wochentagen 12 € und an Wochenden 14 €. Der Ausstellungskatalog mit einem Umfang von 400 Seiten kostet 39,90. Tickets und Katalog können Online bestellt werden. 

Die Ausstellungen ist in zahlreichen Medien besprochen. Die nachfolgende Ausstellung umfasst daher nur einen kleinen Ausschnitt:

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