Dienstag, 8. November 2016

Pfälzer Spätlese - "Ein Leben vor dem Wein gab es nicht" (Markus Schneider) - Müller-Catoir, Markus Schneider, Hotel Krone

Herbstpräsentation Weingut Müller-Catoir Weingut Markus Schneider, Ellerstadt Hotel Krone, Hayna

Das Weingut Müller-Catoir ist seit 1744 in 9. Generation in Familienbesitz und gilt als Flaggschiff Pfälzer Weinkultur. Der Einladung zur Herbstpräsentation des Weinguts folgen wir gerne, aber in diesem Jahr liegt der Termin nicht gerade ideal zwischen der Teilnahme am Rursee-Walk des Rursee-Marathons und einem Konzert der Leverkusener Jazztage. Wir gönnen uns den reizvollen Ausflug inkl. Übernachtung im Hotel Krone und Dinner in der Pfälzer Stube (Post des Restaurantbesuchs). Ein Zwischenstopp am Weingut Markus Schneider in Ellerstadt vollendet auf dem Rückweg den Kurztrip unserer Pfälzer Spätlese.

Herbstpräsentation Weingut Müller-Catoir, Neustadt - Fotoserie: Weingut Müller-Catoir
Weingut Müller-Catoir
 
Weingut Müller-Catoir Dem Gedränge des Vorjahres wollen wir auf der Herbstpräsentation der Weine des Weinguts Müller-Catoir ausweichen und reisen am frühen Nachmittag an. Bei Ankunft macht die Parkplatzsituation deutlich, dass unsere Rechnung nicht aufgeht. "Der Besucherstrom reißt seit dem Morgen nicht ab", erklärt ein Parkplätze zuweisender Mitarbeiter. Im Foyer spielt Tatyana Ryzhkova auf der klassischen Gitarre, während sich Besucher im Salon doppelreihig um einen langen Probiertisch drängen, auf dem weiße Ortsweine, Lagenweine, Große Gewächse und Rosé in Kühlern aufgereiht sind. Kühler sind eigentlich überflüssig, weil Flaschen in wenigen Minuten geleert sind und sogleich ausgetauscht werden. An weiteren Tischen stehen Rotweine, edelsüße Weine sowie in einem Eisbottich ein brut in Flaschengärung ausgebauter Riesling-Sekt (12 €) zur Verkostung bereit. Der Sekt und zwei Spätburgunder überzeugen uns nicht. Edelsüße Weine zählen nicht zu unseren Favoriten. Wir lieben die trockenen Weißweine des Weinguts und ermitteln in zwei Durchgängen unsere aktuellen Stars, von denen wir einige Flaschen vor Ort erstehen: Ortswein Riesling trocken Gimmeldingen 2014 (11 €) sowie die Lagenweine Riesling trocken Bürgergarten 2015 (16 €) und Weißburgunder trocken Herzog 2015 (16 €). Ein begeisterndes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet zum Preis von 7 €/Liter der trockene Gutswein 2015 in der Literflasche. Warum fehlt der großartige Schoppenwein in der Herbstpräsentation?

Hotel Krone, Hayna - Fotoserie: Hotel Krone
Hotel Krone, HaynaHotel Krone, Hayna Seit 1995 sind wir regelmäßig Gäste des familiär geführten Hotels Krone in Hayna. Während dieser Zeit kamen und gingen Entwicklungen und Veränderungen. Für die absolute Verlässlichkeit der Qualität des Hauses waren sie nie von Nachteil. Obwohl wir bei jedem Besuch denken, dass eine weitere Steigerung nicht mehr möglich ist, überrascht der Grad der Perfektion immer wieder mit Steigerungen. Gleich mehrere gute Gründe sprechen für die Krone, aber im Ergebnis ist es ein Bündel von guten Gründen, das uns immer wieder anzieht. Die herausragende Küche der beiden Restaurants unter Leitung von Karl-Emil Kuntz ist ein schwergewichtiger Grund, wie unser jüngster Besuch erneut bestätigt (Post vom 6. November 2016). Nicht weniger wichtig sind uns die komfortable Einrichtung des Hauses, der äußerst gastfreundliche Service, das grandiose Frühstück, die schöne Umgebung, die Nähe zur südlichen Weinstraße und zum großartigen Wanderrevier Pfälzerwald. Wer billig absteigen möchte oder muss, sollte sich nach anderen Unterkünften umschauen. Wer preiswert absteigen möchte, befindet sich am Ziel. Ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis haben wir in dieser Kategorie noch nicht kennengelernt. Wenn das kein Grund ist!

Weingut Markus Schneider, Ellerstadt - "Ein Leben vor dem Wein gab es nicht" - Fotoserie: Weingut Markus Schneider 
Weingut Markus Schneider, Ellerstadt

Weingut Markus Schneider, Ellerstadt Unsere Heimfahrt nach Köln legen wir mit kleinem Umweg über das Weingut Markus Schneider in Ellerstadt, um unsere Vorräte an Schneider-Weinen zu ergänzen. Das Weingut Markus Schneider ist so etwas wie ein Gegenentwurf zum VDP-Weingut Müller-Catoir. Letzteres ist nicht nur eines der traditionsreichsten Weingüter der Region, sondern ein Top-Erzeuger, der mit 21 ha Rebfläche Weine mit Weltruf produziert. Markus Schneider gilt als einer der 'jungen Wilden' der Pfalz, die traditionellen Weinbau mit neuen Ideen und großer Begeisterung ebenso gründlich wie erfolgreich durchlüften.

Nach seiner Ausbildung auf dem Weingut Dr. Bürklin-Wolf in Wachenheim stieg Markus Schneider (* 1975) 1990 im elterlichen Betrieb ein und strukturierte den Betrieb in ein selbst vermarktendes Weingut um. 1994 wurde der erste Wein eines Ertrages von 1 ha unter eigenem Namen als Cuvée 'Rotwein' vermarktet. Der Betrieb wächst schnell. Mittlerweile bewirtschaftet das Weingut 92 ha Rebfläche, füllt ca. 800.000 Flaschen Wein pro Jahr ab und zählt zu den größten deutschen Weinerzeugern. Der Ausbau der Rebfläche erfordert größere Betriebsflächen. Markus Schneider denkt in großen Dimensionen und klotzt Neu- und Erweiterungsbauten in die Region. Die Architektur fügt sich trotz ihrer Größe unauffällig in die Landschaft und wird mit renommierten Design-Preisen ausgezeichnet.

Im Mittelpunkt des Weingut-Marketings stehen nicht bestimmte Weine, besondere Lagen oder herausragende Einzel-Qualitäten, sondern Markus Schneider als Verschmelzung von Person und Marke. Mit eigenwilligen Flaschenetiketten und originellen Weinbezeichnungen gibt sich die Marke als 'Revoluzzer'. Tatsächlich betreibt sie lediglich ein unkonventionelles Marketing und folgt in ihrer konsequenten Qualitätsorientierung bewährten Standards. Markus Schneider verzichtet jedoch auf Lagenbezeichnungen, Wein-Prädikate oder VDP-Anschluss und füllt alle Weine als Q.b.A.s ab. Dabei nutzt er biologische Methoden, ohne diese auszuweisen oder sich Regeln von Bioverbänden zu unterwerfen.

Das Weingut baut zu je ca. 50 % Weiß- und Rotwein an. Weiße Rebsorten des Weinguts sind Weißer Burgunder, Grauburgunder, Riesling, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Viognier. Rote Rebsorten verteilen sich auf Spätburgunder, Merlot, Blaufränkisch, Syrah, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Blauer Portugieser. Bekannt geworden ist das Weingut mit kraftvollen roten Cuvées und Namen wie Ursprung, Black Print, Tohuwabohu. Für Furore sorgt jedoch auch der Sauvignon Blanc mit dem Namen Kaitui, der sich schnell den Ruf erwarb, zu den besten seiner Art in Deutschland zu zählen. Obwohl der Name Kaitui ('Schneider' in der Sprache der Māori) in Richtung Neuseeland zeigt, entspricht die Stilistik des Weins eher einem klassisch-französischen Verständnis von Sauvignon Blanc.

Bei 92 ha Rebfläche können Weine des Weinguts Markus Schneider nicht nur für einen kleinen Expertenkreis produziert werden, sondern müssen preislich ein breites Publikum ansprechen und diesem einen unkomplizierten Trinkspaß vermitteln. Trotzdem bewerten einschlägige Weinführer und Gastro-Zeitschriften die Qualität der Weine durchweg positiv. Sie ordnen das Weingut zwar nicht in die erste Reihe deutscher Top-Weingüter ein, zählen es aber zur erweiterten deutschen Spitze. Unsere eigene, selbstverständlich subjektive Bewertung, fällt uneinheitlich aus, was bei einem komplexen Produkt wie Wein nicht überrascht:
  • Wir mögen Kaitui (9,90 €), von dem wir stets einen kleinen Vorrat vorhalten. Einige Sauvignon Blancs aus Südtirol und der Steiermark schätzen wir noch mehr, befinden uns dann aber stets in Preiskategorien oberhalb von 10 €.
  • Grauburgunder (8,90 €) und Chardonnay (8,90 €) vermitteln uns wenig Trinkspaß (was nicht dem Wein vorzuwerfen ist, sondern auf unseren Vorlieben beruht). 
  • Riesling und Weißburgunder können einige deutsche Weingüter besser, deren Weine liegen dann aber gleich in höheren Preisregionen. Dies gilt jedoch nicht für den Liter-Riesling 2015, den das Weingut Müller-Catoir zum gleichen Preis in höherer Qualität abgibt. 
  • Wer 'Rock 'n' Roll-Rotweine' mag, kommt an den preiswerten Cuvées Urspung (Cabernet Sauvignon, Merlot, Blauer Portugieser, 8,60 €) und Black Print (Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Dorsa,13,50 €) kaum vorbei.
  • Tohuwabohu 2012 (Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc) im Bordeaux-Stil enttäuscht uns zum Preis von 19,50 €. Besser gefällt uns der nur in guten Jahren ebenfalls im im Bordeaux-Stil ausgebaute Steinsatz 2012, Flaggschiff des Weinguts aus den gleichen Rebsorten, die für diesen Wein von älteren Rebstöcken in höheren Lagen kommen. Die Ansage des Preises von 29,50 € verlässt jedoch unsere Kategorie von Alltagsweinen.
  • Die aus der Kooperation mit dem südafrikanischen Weingut Kaapzicht Estate (Stellenbosch) hervorgehende rote Cuvée Vet Rooi Olifant (16,90 €) schmeckt ausgeprägt nach Pinotage, der uns nicht begeistert.
  • Ausgezeichnet gefällt uns der Sekt  BUBBLY BRUT (13,90 €), eine Cuvée von Chardonnay- und weiß ausgebauten Spätburgundertrauben, die in zweiter Gärung in der Flasche mit neun Monaten Depotkontakt reift.

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