Am letzten Abend unseres Südtirol-Aufenthaltes 2017 bleibt die Küche unserer Ferienwohnung am Falatschhof bei Glurns im Vinschgau (Südtirol) kalt. Zum Abendessen besuchen wir mit einem einstündigen Fußweg (pro Strecke) den Gasthof Goldner Adler im Nachbardorf Schleis, dessen Küche einen ausgezeichneten Ruf genießt. Das gut besuchte Restaurant (Reservierung ist empfehlenswert) verteilt sich über mehrere holzgetäfelte Stuben im tiroler Stil. Der überaus freundliche und kompetente Service weist uns einen von 3 kleineren Tischen in einer intimen Stube zu, die durch eine Theke und per Durchgang mit einer größeren Nachbarstube verbunden ist, in der mehrere Gruppen Platz genommen haben. Tische sind mit weißem Tischtuch, Stoffservietten, mehreren Besteckgarnituren und hochwertigen Kristallgläsern hübsch eingedeckt. Mit der Speisekarte wird sogleich ein Brotkorb mit zwei Sorten hervorragendem Brot, jedoch ohne Butter oder Olivenöl gereicht, was uns bewusst macht, dass wir uns nicht in einem Gourmetrestaurant, sondern in einem Gasthaus befinden. Darum ist auch der künstliche Orchideenzweig als Tischschmuck akzeptiert. Nicht spaßen lassen wir mit uns bei Küche und Service, die jedoch absolut seriös ausfallen und großes Vergnügen bereiten. - Fotogalerie
Die Speisekarte ist vertrauenserweckend übersichtlich. Ein Tagesmenü wird zum Preis von 38 € abgegeben. Halbpensions-Hausgäste zahlen für das Menü 25 €. Preise von Einzelgerichten liegen auf Gasthof-Niveau. Vergleichsweise umfangreich ist die auf südtiroler und italienische Produkte fokussierende Weinkarte, deren zahlreiche prominente Positionen bemerkenswert moderat kalkuliert sind. Preise liegen ca. 50-65 % über dem Einzelhandelspreis in Italien und nahe beim deutschen Einzelhandelpreis. Wie der Betrieb seine Kosten bei dieser Kalkulation deckt, ist ein Rätsel.
Bei Wasser (1/2 l zu 2,40 €, wo gibt es das noch?) und einem guten Prosecco (3,50 € pro Glas) entscheiden wir uns für Vorspeisen zu 12 € sowie als Hauptgericht für ein vegetarisches Gerstenrisotto mit Wok-Gemüse (11
€) und einen rosa gebratenen Lammrücken auf Gemüse (25 €). Als Weinbegleitung wählen wir zunächst einen Sauvignon Blanc St. Valentin (33 €) der Kellerei St. Michael, der jedoch nicht ausreichend gekühlt ist. Unsere Alternative, Sauvignon Blanc Voglar (30 €) eines vom knorrigen Peter Dipoli in Neumarkt an der Südtiroler Weinstraße betriebenen Weingutes, scheitert am gleichen Gasthof-Schicksal. Schließlich einigen wir uns auf einen gut gekühlten, exzellenten Pinot Grigio St. Valentin 2014 (33 €, 90 Punkte Wine Spectator, 3 Bicchieri Gambero Rosso) der Kellerei St. Michael und sind mit der Auswahl glücklich. Die Qualität der Eppaner Kellerei St. Michael genießt Weltruf, der dem genialen Kellermeister Hans Terzer geschuldet ist.
Das Tellerbild unserer Vorspeisen weckt große Erwartungen. Die Zubereitung beweist handwerkliches Können. Ein köstliches Dressing veredelt die Salatbeilage. Während Kalbfleisch-Zucchini-Röllchen mit Steinpilz-Einlage rundum stimmig schmecken, ist das Geschmacksbild der sonst gelunden Räucherlachs-Roulade von einem für uns zu starken Salzkontakt dominiert.
Unsere Hauptgerichte bereiten uneingeschränkt Freude. Die Teller sind appetitlich angerichtet und Portionen sind gut dimensioniert. Die jeweils
gleiche Menge wird als 2. Portion in einem Topf am Tisch warm gehalten. Über Mengen kann man streiten. Wahrheit liegt auf dem Teller. Hauptgerichte des Goldenen Adlers liegen auf dem Niveau von Gourmet-Restaurants und werden in Portionen und zu Preisen auf Gasthof-Niveau serviert. Wer will meckern? Reklamationen wären kleinkariert.
Wir arbeiten beide Portionen nahezu vollständig ab, nicht weil der Teller leer sein muss, sondern weil es uns ausgezeichnet schmeckt. Für ein Dessert reicht unsere Aufnahmekapazität nicht mehr. Ein Espresso ohne 'Firlefanz', für 1,40 € serviert, passt gerade noch.
Küche, Weinkarte, Service, stimmiges Ambiente überzeugen uns absolut. Qualität und Preis-Leistungsverhältnis des regional orientierten Gasthofs bereiten nicht nur Freude, sie sind ohne jede Übertreibung sensationell. Unseren Besuch im Gasthof Goldener Adler werten wir als ein zu Fortsetzungen motivierendes Highlight im Sommer 2017. Für den Sommer 2018 nehmen wir uns eine Rückkehr zum Gasthof Goldner Adler und den Besuch der Kellerei St. Michael vor
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