



Die biodynamische Ausrichtung des Hofs war Alexander nicht in die Wiege gelegt, aber er wusste, dass er den elterlichen Hof in der damaligen Verfassung nicht übernehmen konnte oder wollte. Alexander erbrachte mit einer über Jahre erstellten Datensammlung den Nachweis, dass sich der seit 200 Jahren bestehende Hof in einer wirtschaftlichen Falle befand. Gleichzeitig war ihm bewusst, dass die speziellen Produktionsbedingungen des Hofs und die allgemeinen Produktionsbedingungen der Milchwirtschaft einen Irrweg ohne Zukunft darstellen, weil diese Bedingungen ökologisch unsinnig, ethisch unverantwortlich und für Kleinbetriebe vernichtend sind. Den elterlichen Hof übernahm Alexander unter der Bedingung einer Neuausrichtung auf Nachhaltigkeit. Sonja bestärkte ihn in dieser Absicht. Leitend für diese Absicht sind mehrere Grundgedanken bzw. Überzeugungen:
- Jede Art des Wirtschaftens sollte in ethisch verantwortlicher Art und Weise ausgerichtet sein, d.h. nachhaltig zukunftsorientert, gesundheitsfördernd für Mensch und Tier, jedes Leben und speziell das von Tieren respektierend.
- Landwirtschaftliche Erzeugnisse sollten nicht nur qualitätsorientiert produziert werden, sie sollten auch eine unverwechselbare regionalspezifische Typizität zeigen, wie sie der vor allem im Weinbau geprägte und im Marketing oft missbrauchte Begriffs des Terroirs umschreibt.
- In nachhaltiger Wirtschaft erzeugte Qualitätsprodukte erzielen im Wettbewerb des Marktes auskömmliche Preise, die auch Kleinbetrieben eine Existenz ermöglichen.
- Ziel des Wirtschaftens sollte eine auskömmliche Lebensführung sein. Eine Orientierung in Richtung Profit-Maximierung macht unfrei und unglücklich.
- Alexander und Sonja wollen nicht auf Lebensqualität verzichten. Landwirtschaftliche Kleinbetriebe operieren in einem engen Kostenkorsett, aus dem die Gefahr der Selbstversklavung resultiert. Alexander und Sonja wollen nicht 365 Tage im Jahr 2 Mal pro Tag Kühe melken und versorgen und die Rohprodukte verarbeiten. Sie wollen auch Freizeit außerhalb des Betriebs genießen, auf Reisen gehen, ihre Interessen pflegen.
Bauernkollegen, die Alexander vor einigen Jahren noch als "Spinner" betrachteten, sehen den Erfolg des Betriebs ebenfalls. Sie vermeiden jedoch Fragen nach Methoden oder Tips. Alexander will nicht missionieren, aber die Kollegen beginnen, Alexanders Produktionsweise nachzuahmen. Darauf hat Alexander gehofft. Um konventionelle Intensiv-Landschaft, die ohne Rücksicht auf Zukunftsperspektiven, Gesundheit und Tierwohl betrieben wird, in Richtung ethisch akzeptierbarer nachhaltiger Wirtschaft zu verändern, führt die Anklage konventioneller Wirtschaft als Irrweg zu keinem Erfolg. Alternativen müssen aufgezeigt und vorgelebt werden und Erfolgschancen müssen nachgewiesen werden. Nur so ist eine Wende möglich, wie sie der Englhorn-Hof erfolgreich vollzogen hat.
Auch wenn das Format Hofführung mehr Informationsaustausch als Betriebsbesichtigung war, verspüren wir dank Alexander Agethle und Sonja Sagmeister großen Gewinn. Wir haben heute viel gelernt und nehmen zahlreiche Anregungen zum Weiterdenken, zu Recherchen und zur Überprüfung eigenen Verhaltens mit, die beim anschließenden Dinner im Gasthof Zum Goldnen Adler unsere Kommunikation dominieren. - Fotoserie
Vertiefende Informationen
Dieser Post verzichtet auf Ausbreitung von Detailinformationen zur biodynamischen Landwirtschaft im Allgemeinen und zum Entwicklungsprozess der Hofkäserei Englhorn im Besonderen. Vertiefende Informationen bieten die Webseite des Hofs sowie hier verlinkte Artikel und Clips:
- Wikipedia: Biodynamische Landwirtschaft
- Demeter: Biodynamische Landwirtschaft
- Biodynamische Forschung: Forschungsring e.V.
- Clip 9. Globalforum Südtirol 2017: Keynote-Ansprache Alexander Agethle
- Interview-Clip mit Alexander Agethle: Ich bin kein Retro-Bauer
- Alois Lageder und Alexander Agethle im Weinbrevier der Kölner Weinkellers: Alois Lageder - der ewige Kreislauf
- Portal Südtirol.info: Die Käseaktie
- Petra Schwienbacher im Online-Agazin barfuss: Landwirt mit Vision
- Blog Werner Kräutler: Alexander Agethle, der sanfte Bauern-Rebell
- Blog Christian Stegbauer: Kuh und Käse oder Weltwirtschaft versus lokaler Kreislauf im Vinschgau (Teil 1)
- Blog Christian Stegbauer: Käse und Kuh: Hofkäserei Englhorn (Teil 2)
- Online Magazin Dolimitenstadt: Hofkäserei Englhorn: Der Wert von gutem Käse
- Merian 2015/03 PDF: Laibe mit Seele - Hofkäserei Englhorn
- Ethical Banking: Projekt Englhorn - Schleis 2017
- Raiffeisen-Magazin: Wo man für Käsegutscheine besten Biokäse erhält
- Der Vinschger 08/2008: Zweimal Gold für Hofkäserei Englhorn
- Der Vinschger 36/2009: Gold für Hartkäse Rims
- Der Vinschger 38/2017 zur Milchwirtschaft im Vinschgau: Wann ist genug?
- Der Vinschger 44/2017: Ökologie-Preis geht an Hofkäserei Englhorn
- Markus Lobis über Pestizideinsatz in salto.bz: Captan am Bio-Baum, Captan im Bio-Heu
- Blog "Heidis-Mist": Was hat Captan auf Bio-Parzellen zu tun?
- Wikipedia: Captan
- Zum Begriff Terroir:
- Generelle Bedeutung lt. Wikipedia: Terroir
- Weinspezifische Bedeutung lt. Wein-Plus-Glossar: Terroir
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