Samstag, 20. Juli 2024

Künstlersäulenhalle STOA169 bei Polling in Oberbayern und Rundgang in Weilheim

STOA169
 
Zum Abschluss unseres Ferienaufenthalts in Benediktbeuern besichtigen wir in ca. 30 km Entfernung im oberbayerischen Pfaffenwinkel südlich von Weilheim bei Polling die Künstlersäulenhalle STOA169 auf einer Wiese inmitten der Landschaft am Flüsschen Ammer (Amper). Das Projekt der Errichtung dieser Halle inszenierte der Maler Bernd Zimmer, der zu diesem Zweck die gemeinnützige STOA169 Stiftung als Träger und Beitreiber des Objektes gründete (persönliche Webseite: Bernd Zimmer). Der erste Bauabschnitts wurde am 13. September 2020 eingeweiht. Ein zu diesem Anlass veröffentlichter Artikel der FAZ vom 10.09.2000 mit dem Titel Der Säulenheilige von Polling machte uns vor 4 Jahren auf das Projekte aufmerksam. 2021 war der Bau vollendet. Heute sind wir an diesem  Ort, der Ideen eines kosmischen Ganzen veranschaulicht, in dem Menschen dank tiefer Einsichten Erfüllung finden sollen. Mit diesen aus der Zeit gefallenen Ideen setzt die STOA169 einen bewussten Kontrapunkt gegen individuellen Hedonismus und stellt sich heutigen Parolen der Selbstoptimierung sowie der Ab- und Ausgrenzung in den Weg. (Bernd Zimmer: Warum Stoa?) - Fotoserie

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Der Begriff Stoa verweist auf die Architektur antiker bunter Säulenhallen mit offener Front, die ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar ist. Die Architektur der Stoa war prägender Bestandteil von Heiligtümern und umgab als Wandelhalle den Markplatz von Athen. Die antike Philiosophenschule der Stoa und ihre Lehre wurden nach diesem Gebäudetyp benannt (Wikipedia: Stoa (Architektur)). Anhänger der philophischen Lehrer werden als Stoiker und die Lehre als Stoizismus bezeichnet. Als Begründer der Lehre gilt Zenon von Kition. Zenon traf sich mit seinen Schülern in der Stoa. Beim Unterrichten gingen sie in der Wandelhalle umher, diskutierten und argumentierten öffentlich, sodass jeder an Einsichten teilhaben konnte. 
 
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Im Zentrum der stoischen Philosophie standen Beschäftigungen mit dem Kosmos, der Logik und der Ethik, die als Zusammenhang kausaler Gesetze verstanden wurde (Wikipedia: Stoa). Die Lehre forderte Freiheit von Leidenschaft im Interesse der Durchsetzung von Vernunft. In ihren ethischen Prinzipien gestanden Stoiker "gutes Leben" allen Menschen zu, auch Frauen, Sklaven und Barbaren. Diese Ideen waren in der griechischen Antike revolutionär und entsprechend umstritten oder sogar gefährlich. Die öffentliche Lehre diente daher auch dem Schutz von Lehrern und Schülern. Um diese keine Selbstverständlichkeiten umfassenden Ideen wird in der Gegenwart trotz Menschenrechtskonventionen noch immer gerungen. Ideen stoischer Philosophie sind in Psychotherapien und in Lebensregeln eingegangen. (Spektrum: Die Abkehr von der Leidenschaft)

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Die Zahl 169 resultiert aus der ursprünglichen Absicht, auf 1600 qm Fläche "die Halle quadratisch, im Maß von 13 mal 13 Säulen anzulegen. Darin steckt die Symbolik der Primzahl. Die sich nur durch 1 oder sich selbst teilen lässt und somit eine geschlossene Einheit bildet, die, wie ein Kreis, immer wieder auf sich verweist. In diesem Sinne ist die STOA169 eine künstlerische Quadratur des Kreises." (Bernd Zimmer: Warum Stoa?) Die Zahl der Säulen wurde später auf 121 (11 x 11) reduziert.
 
Auch wenn es so ausschauen mag, die Architektur des tempelartigen Bauwerks orientiert sich nicht Vorbildern der Antike. Primzahlen waren auch schon in der Antike bekannt, aber für die antike Architektur waren sie nicht bedeutend, weil antike Architektur auf Ordnungsprinzipien beruht und die Verteilung von Primzahlen keine Ordnung erkennen lässt. Griechische Tempel hatten einen rechteckigen Grundriss mit unterschiedlicher Anzahl Säulen an Vorder-/Rückseite und den Seiten sowie gewöhnlich eine gerade Anzahl Säulen und einen mit Friesen geschmückten Giebel. Länge und Breite, die Anzahl ihrer Säulen sowie Maße von Grund- und Aufriss standen in einem ganzzahligen proportionalen Verhältnis zueinander. Proportionen von Architekturen vermitteln einen systematischen inneren Zusammenhang von Ordnungsprinzipien. Maß und Zahl galten als Gesetze des Kosmos. (Wilhelm Osthues, Max Planck Gesellschaft: Bauwissen im antiken Griechenland, PDF 136 Seiten)
 
Eine besondere Gattung waren als Tholos bezeichnete Rundformen von Tempeln und Gräbern.

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Eine Fachjury schrieb mehr als 200 Künstler in aller Welt an, von denen 121 Künstler jeweils eine Säule mit 3,90 m Höhe und maximal 0,91 cm Durchmesser beisteuerten. Außer den Maßen und der Aufgabe, das Dach zu tragen, war die Gestaltung einer Säule den jeweiligen Künstlern überlassen. Die meisten Künstler, darunter einige namhafte der Kunstszene, haben auf ein Honorar verzichtet. Wenn Honorare gezahlt wurden, handelte es sich um symbolische Beträge, an denen sich niemand bereicherte. Die Finanzierung sicherten Paten, Förderer, Unterstützer, Beiträge von Kunststiftungen und Kulturfonds.

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Das Werk soll in jeder Beziehung offen sein. Es gibt weder Zaun, noch Bewachung, Öffnungszeiten oder Eintrittskarten und auch keine Versicherung gegen Zerstörung oder Vandalismus. Der Zugang ist zu jeder Zeit kostenlos möglich. Das Objekt möchte antike Prinzipien direkter Demokratie mit der Freiheit von Kunst verknüpfen und zu einem freien, kosmopolitischen Ort werden, "in dem Wissen über das Ganze von Natur und Mensch entstehen kann" und Menschen die allumfassende kosmische Ordnung als einen Zustand der Befreiung, des Glücks, der Seelenruhe erleben. (Bernd Zimmer: Warum STOA?)

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In der von "Abgrenzung und Individualismus geprägten Zeit" kam es Bernd Zimmer darauf an, "dass wir Künstler und Künstlerinnen ein gemeinsames Zeichen der Solidarität, Toleranz und des Miteinander schaffen" und "auf das Verbindende der Kulturen zu zeigen. Ich denke, wir haben gemeinsam etwas Großartiges erreicht, und damit ein Zeichen gesetzt wie es nur die bildende Kunst kann.“ (Bernd Zimmer: Pressemitteilung 17.08.2021)


Rundgang in Weilheim - Fotoserie (coming soon)

Nach dem Besichtigung der STOA169 besuchen wir in ca. 4 km Entfernung den hübschen Ort Weilheim, einer der zentralen Orte des Pfaffenwinkels mit teilweise erhaltener mittelalterlicher Stadtmauer, einem in der Renaissance gestaltetem Ortskern und zahlreichen Wikipedia: Baudenkmälern.
 
Pfarrkirchenstiftung "Mariä Himmelfahrt": Unsere neue Orgel - Die neue Orgel stellt sich vor
Kaffeehaus, Konditorei, Chocolatier Krönner 




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