Freitag, 3. Januar 2025

Kulturausflug nach Maastricht: Bonnefanten-Museum, Dominikanerkirche, Wochenmarkt

Blick über die Maas zur Alstadt von Masstricht Kuppelbau Bonnefanten-Museum,, Maastricht Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster, Luxaria
 
Der Artikel Sündige Kunst in Maastricht: Knisternde Gewänder der Wollust von Stefan Trinks in der FAZ macht uns auf die Ausstellung Truly Wicked: The Seven Deadly Sins visualised (19.10.2024 - 12.01.2025) im Maastrichter Bonnefantenmuseum aufmerksam und motiviert an einem sonnigen Wintertag zu einem Kulturausflug nach Maastricht, über dessen Highlights dieser Post berichtet.
 
 
Bonnefantenmuseum Maastricht - Fotoserie Bonnefantenmusuem
 
Das Bonnefantenmuseum wurde 1884 zunächst als archäologisches und historisches Museum der niederländischen Provinz Limburg gegründet. Seinen Namen hat das Museum als Verballhornung aus dem Namen eines seiner früheren Quartiere abgeleitet, dem Couvent des bons enfants („Kloster der guten Kinder“), ein Frauenkloster mit der Aufgabe der Kindererziehung. (Wikipedia: Bonnefantenmuseum)

Blick von Brücke Hooge Brug über die Maas zum Bonnefanten-Museum Bonnefanten-Museum, Maastricht Treppenhaus Bonnefanten-Museum, Maastricht Blick aus dem Bonnefanten-Museum zur Maas Alte Abteilung im Bonnefanten-Museum, Maastricht Rik Meijers, Van de plaats die de wereld is, 2003 Folkert de Jong, The Shooting at Watou,2006
 
Seit 1995 befindet sich das Museum am südöstlichen Rand des Zentrums in einem Neubau des Kulturviertels Céramique unmittelbar an der östlichen Promenade der Maas, längster Nebenfluss des Rheins. Die Architektur des Museums hat der 1990 mit dem Pritzker-Architekturpreis ausgezeichnete italienische Architekt Aldo Rossi entworfen. Markanter Eyecatcher der Museumsarchitektur ist ein zinkgedeckter Kuppelbau, den innerhalb des Gebäudes mehrere kuppelartige Gewölbe zitieren. Sammlungen des Museums gliedern sich in der Gegenwart in Abteilungen für alte und für neue Kunst. Die Abteilung alter Kunst umfasst eine hochkarätige Sammlung mittelalterlicher Sakralkunst sowie flämische Malerei der Renaissance und des Barock. Die Abteilung neuer Kunst zeigt international bedeutende Gegenwartskunst. Zusätzlich präsentiert das Museum parallel laufende Sonderausstellungen.


Ausstellung Truly Wicked: The Seven Deadly Sins visualised - Fotoserie Ausstellung

Die Ausstellung zeigt in sieben Sälen insgesamt 80 im Zeitraum 1450 bis 1650 entstandene Objekte aus der Epoche der flämischen und altniederländischen Malerei. Dieser Post vermittelt per eingefügter Fotos Eindrücke, aber er beschreibt keine der ausgestellten Werke in Worten, sondern er befasst sich mit historischen sozialen Kontexten, in denen diese Arbeiten entstanden sind. Erwähnenswert ist das sich durch die Ausstellung ziehende Spiegelmotiv, auf das Stefan Trinks in der FAZ hinweist. Bilder der hier ausgestellten Art spiegelten Menschen deren Sünden. Durch die Ausstellungsräume verläuft ein Band von Spiegeln, in denen Besucher sich mit den ausgestellten Objekten sehen und vielleicht auch als ertappte Sünder reflektieren. Ebenfalls erwähnenswert sind zahlreiche auf Hieronymus Bosch verweisende Bildzitate.

Jan van Hemessen, Die Ursünde, ca. 1560-1570 Das jüngste Gericht (Maeterlinck-Altar), Nachfolger Hieronymus Bosch, 1565-1600 Pieter Aertsen, Das letzte Gericht, um 1560 Nachfolger von Hieronymus Bosch, 1575-1600 Der Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit, Pieter Bruegel der Ältere, 1559 Winterlandschaft mit Eisläufern und Vogelfalle, Pieter Bruegel der Ältere, 1565


Anmerkungen zu historischen Kontexten
 
Im ausgehenden Spätmittelalter löste sich europäische Malerei von reiner Sakralkunst zugunsten von Landschafts- und Porträtmalerei. Aufträge einer sich neben dem Adel etablierenden sozialen Schicht wohlhabender Kaufleute ließen Malerwerkstätten entstehen, die seit der Antike weitgehend verkümmernde Kunstfertigkeit und Raffinesse von Darstellungen in neuen Ausdrucksformen zu Höhepunkten trieben, mit denen Maler von Handwerkern zu Künstlern mutierten. Darstellungen nackter menschlicher Körper waren und sind vermutlich zu jeder Zeit in jeder Kultur beliebt und begehrt. In der europäischen Frührenaissance nahm die Menge von Motiven mit Nacktheit deutlich zu, aber herrschende religiöse Moral gestattete sie zunächst nur in Kontexten religiöser und mythischer Narrative oder als allegorische Verweise auf Tugenden und Laster, zu denen Objekte der besuchten Ausstellung zählen.
 
Europa war in der Zeit des Spätmittelalters und der Renaissance von zahlreichen Krisen betroffen. Aus einer kühlen Klimaphase resultierten Missernten und Hungersnöte. Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert wüteten Pestepedemien, aufgrund der ein Drittel der europäischen Bevölkerung verstarb. Oftmals wurden Juden als Verursacher beschuldigt und in zahlreichen lokalen Pogromen vertrieben oder ermordet. Krisen der katholischen Kirche provozierten Reformationsbewegungen, Reformationskriege und Inquisitionen, die ebenfalls zahlreichen Menschen das Leben kostete. Der Klerus propagierte Krisen und Katastrophen als göttliche Strafe für sündiges menschliches Leben und forderte Umkehr, Buße, Erneuerung, Gehorsam, Tugendhaftigkeit. Wahrscheinlich fühlte sich eine Mehrheit der Menschen von dieser Lehre angesprochen. Die meisten Menschen erwarteten das kurz bevorstehende göttliche Weltengericht und befanden sich in großer Sorge um ihr Seelenheil. Gebildete wohlhabende Kaufleute beauftragten Maler mit Veranschaulichungen dieser Themen. Herausragende Werke dieser Epoche überlebten überwiegend in Museen, deren Geschichte aber erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzte. Vorläufer waren Kunst- und Wunderkammern wohlhabender Sammler.

Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Die sieben Todsünden, Jacob Matham, 1593, Kupferstich nach Hendrick Goltzius Allegorie der Lust (Skulptur eines Archtektur-Schlusssteins), Anonymus, um 1510

Gemäß zeitgenössischem theologischem Verständnis entstehen Sünden aus sieben schlechten menschlichen Charaktereigenschaften: Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid, Faulheit. Diese Dämonen oder Tiersymbolen zugeordneten Hauptlaster wurden als Höllenstrafe nach sich ziehende Todsünden bezeichnet. Theologisch bildet das Sündenkonzept eine mit der Bibel nicht zu rechtfertigende kuriose und widersprüchliche Spezialität des Christentums, die mithilfe von Dogmen zur Absicherung von Kirchenmonopolen verhalf. Maler, Zeichner, Bildhauer griffen die Sündenthematik in Darstellungen von Allegorien auf. Zu den häufigsten Motiven in Darstellungen dieser Zeit zählen der Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies.

Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Pieter van der Heyden, Kupferstich um 1570 nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster Allegorie des Stolzes, nach Vorlage Pieter Bruegels d. Ä., Die sieben Hauptlaster, 1588 Das betrunkene Paar, Jan Havickszoon Steen, 1655-1665 Cristus und die Ehebrecherin, Lucas Cranach der Jüngere, 1549
 
Fixierungen auf Sex sind kein neuzeitliches Phänomen. Mit dem Genuss der Frucht vom Baum der Erkenntnis erkannten Adam und Eva ihre Nacktheit, was vermutlich besagt, dass Adam und Eva ihren Sex entdeckt haben. Zitat Genesis 3,17: "Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz." Seit dem Sündenfall haben sich soziale Wertvorstellungen und Darstellungsformen von Nacktheit zwar gewandelt, sodass Nacktheit und Sex zunehmend freizügig präsentiert werden, aber Lust im Sinne sexuellen Begehrens und sexueller Aktivität ist ein zeitloses menschliches Hauptmotiv, das in Arbeiten der besuchten Ausstellung völlig zu Recht allgegenwärtig ist.

 
Rundgang in der Altstadt von Maastricht - Fotoserie Maastricht City

Blick über die Maas zur Alstadt von Masstricht Blick von der St. Servatiusbrücke (1280-1298) zur Alstadt Maastricht Touristinformation Maastricht
 
Vom Bonnefantenmuseum gehen wir auf der östlichen Maaspromenade ca. 1 km flussabwärts bis zur Fußgängern und Radfahrern vorbehaltenen St. Servatiusbrücke, die zwischen 1280 und 1298 erbaut wurde, nachdem eine im Jahr 50 n. Chr. errichtete römische Holzbrücke 1275 unter der Last einer Prozession zusammenbrach und 400 Menschen in den Tod riss. Die St. Servatiusbrücke gilt als älteste intakte Brücke der Niederlande. Von der Servatiusbrücke landen wir unmittelbar im komplett unter Denkmalschutz stehendem historischem Zentrum. Dort führt unser Weg zunächst zum Visitor Center Maastricht Store, in dem wir einen Stadtplan erstehen.

Dominikanerkirche Maastricht Buchhandlung in der Dominikanerkirche Maastricht Buchhandlung in der Dominikanerkirche Maastricht Coffeeshop in der Dominikanerkirche Maastricht Imbiss in der Dominikanerkirche Maastricht Markt am Rathaus Maastricht Käsestand auf dem Markt am Rathaus Maastricht

Trotz Sonnenschein verhindern die niedrige Außentemperatur und böiger Wind einen ausgedehnten Rundgang durch die kulturell sehenswerte und architektonisch interessante Altstadt. Einen Rundgang werden wir in der wärmeren Jahreszeit nachholen. Heute beschränkt sich unser Programm auf zwei Highlights. Unser erstes Highlight ist die 1294 errichtete Dominkanerkirche, älteste gotische Kirche der Niederlande, die aber nicht mehr sakral genutzt wird. Seit 2006 befindet sich in der Kirche die weit über Maastricht hinaus bekannte, beliebte und gut besuchte Buchhandlung Domincanen. Wir beabsichtigen nicht, in der Buchhandlung zu stöbern, sondern suchen im Chorraum der Kirche den beliebten und hochgelobten Coffeeshop Coffeelovers Dominacanen auf. Die Menge der verfügbaren Sitzplätze ist überschaubar. Mit Glück finden wir ein Eckchen, in das wir uns für einen Imbiss zu viert quetschen.

Gestärkt schlendern wir eine Runde über den mittwochs und freitags auf dem Platz am Rathaus stattfindenden Wochenmarkt. Mit ca. 400 Ständen ist der Freitagsmarkt einer der größten in der weiten Region und selbstverständlich ebenfalls gut besucht. Berühmt ist der Markt für seinen beeindruckenden Fischmarkt. Wir sind Fischesser, aber jetzt nicht auf Fisch eingestellt. Käse geht jedoch immer. Wir stellen uns am Stand des dicht bedrängten Käsehandels Sauer an, um ein Stück Old Maastricht Käse zu erstehen, der den niederländischen Cheese Award 2023 gewonnen hat. Zum Parkhaus am Bonnenfantenmuseum gehen wir entlang der westlichen Maaspromenade und kehren über die ebenfalls Fußgängern und Radfahrern vorbehaltene Hohe Brücke zurück zum Parkhaus auf der anderen Uferseite. 
 
 
Rückblick Maas-Marathon 2001
 
Gisela und Karlheinz vor dem Maas-Marathon Gisela und Josef vor dem Maas-Marathon Karlheiinz, Gisela, Josef nach dem Maas-Marathon
Aufnahmen in Visé: links und Mitte vor, rechts nach dem Maas-Marathon 6.05.2001
 
Erwähnt sei zu guter Letzt, dass wir als ehemalige Marathonläufer im Mai 2001 am Maas-Marathon teilgenommen haben (Endzeit 3:50 Std.). Start und Ziel liegen in der wallonischen Stadt Visé. Der grenzüberschreitende Lauf führt entlang der Maas über Maastricht als Wendepunkt. Den relativ kleinen Landschaftslauf haben wir in allerbester Erinnerung und können ihn wärmstens empfehlen.

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