Anlässlich des 70. Geburtstags von William Kentridge findet eine große Retrospektive an mehreren Orten statt. Den Besuch der Ausstellung William Kentridge, Listen to the Echo, 04.09.2025 - 18.01.2026 im Museum Folkwang, Essen, beschreibt der Post Listen to the Echo - Retrospektive William Kentridge im Museum Folkwang, Essen. Die Essener Ausstellung motiviert uns zum Besuch weiterer Ausstellungen in Dresden, über die dieser Post berichtet.
Dresden feiert die Kentridge-Retrospektive mit mehreren Ausstellungen an drei unterschiedlichen Orten, von denen wir nur zwei Orte besuchen. Ein Kombiticket zum Preis von 20 € für Vollzahler gilt für den Besuch aller drei Ausstellungen.
Überblicke zu den Ausstellungen vermitteln über diesen Post hinaus
- das Portal der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, William Kentridge. Listen to the Echo,
- das Dresden Magazin, William Kentridge in Dresden: Ein Ausstellungsfestival zum 70. Geburtstag,
- das Kunstportal art-in.de: William Kentridge. Listen to the Echo.
William Kentridge, Listen to the Echo im Kupferstich-Kabinett Residenzschloss - Fotoserie
Den sonnigen Morgen nutzen wir für einen Morgenspaziergang, der mit einigen Schlenkern zum Kupferstich-Kabinett im Residenzschloss führt (Fotoserie Morgenspaziergang). Die Dresdener Altstadt wurde im Zweiten Weltkrieg durch alliierte Luftangriffe weitgehend zerstört. Ca. 25.000 Menschen starben durch Bombardements (Wikipedia: Bombardierung Dresdens). In der Gegenwart ist die restaurierte Altstadt trotz einiger Mängel einen Besuch wert.
Die Ausstellung im Kupferstich-Kabinett zeigt eine Auswahl von Kentridges Druckgrafiken von den Anfängen bis zur Gegenwart. Zitat aus dem Dresden Magazin:
In seinen Drucken wird sichtbar, was sich mit Worten kaum greifen lässt: Brüche, Widersprüche, offene Fragen.
Die ausgestellten Werke zeigen den experimentellen Geist Kentridges: Wiederholungen, Überlagerungen, Zeichnungen über Zeichnungen. Viele der Drucke stehen in engem Bezug zu seinen Animationsfilmen oder Theaterprojekten. Dass der Künstler selbst die Auswahl mitgestaltet hat, unterstreicht den besonderen Stellenwert dieser Präsentation.
Die ausgestellten Werke zeigen den experimentellen Geist Kentridges: Wiederholungen, Überlagerungen, Zeichnungen über Zeichnungen. Viele der Drucke stehen in engem Bezug zu seinen Animationsfilmen oder Theaterprojekten. Dass der Künstler selbst die Auswahl mitgestaltet hat, unterstreicht den besonderen Stellenwert dieser Präsentation.
Gegenüberstellungen mit Druckgrafiken aus dem
Kupferstich-Kabinett zeigen ästhetische und thematische Verbindungen
über Jahrhunderte hinweg. Besonders spannend ist diese Ausstellung für uns jedoch nicht, weil wir etliche der Grafiken kürzlich in der Essener Ausstellung gesehen haben.
William Kentridge, Listen to the Echo im Albertinum - Fotoserie
Am östlichen Ende der Brühlschen Terrasse erreicht die Dresdener Kentridge-Retrospektive im Albertinum die
Flughöhe der Essener Ausstellung. Im Mittelpunkt steht die
Konfrontation der Prozession des Dresdener Fürstenzuges (beschrieben im
Post Kulturausflug nach Dresden) mit der multimedialen Prozession der Acht-Kanal-Filminstallation More Sweetly Play the Dance (Spielt süßer den Tanz) aus dem Jahr 2015, die an einen mittelalterlichen Totentanz erinnert.
Über ca. 40 m Längsachse des Saals sind auf der einen Seite mehrere 4 m hohe Original-Entwürfe des Fürstenzugs aufgestellt. Angetrieben von Agitatoren zieht auf der Seite gegenüber im Takt auf- und abschwellender Musik einer Brass-Band eine von einem
Fahnenträger und Mönchen angeführte schattenhafte Prozession
gezeichneter, animierter, schauspielernder tanzender und
strauchelnder Figuren von Soldaten, Verwundeten, Geschundenen,
Skeletten.
Die Anordnung im Saal erzeugt bewusst starke Kontraste zwischen einer
Prozession glorifizierter fürstlicher Pracht und Macht gegen
einen makabren Totentanz des postkolonialen Elends in Afrika. Die
Anklage des durch Europa erzeugten Elends in Afrika ist ein
durchgängiges Motiv in Kentridges Arbeiten. Die Symbolik von Prozession verweist auf die Prozesshaftigkeit von Geschichte. Flaggen, Waffen, Marschmusik, Ansprachen, Paraden und religiöse Andeutungen bilden Metaphern für die politische Durchdringung von Geschichte. Der Totentanz der in der Prozession mitziehenden Menschen verdeutlicht, dass Bewegungen der Geschichte Gewinner und Verlierer erzeugen.
Die konfrontierende Installation deuten wir über Afrika hinaus als symbolischen Verweis auf die Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit der Welt. Die Ahnengalerie des Fürstenzugs stellt Prunk einer Elite an der Spitze einer Machthierarchie zur Schau. Parasitäre Macht entfaltet Prunk aus Unterdrückung und Ausbeutung und erzeugt Elend der Ausgebeuteten. Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit der Welt fasst Kentridge jedoch nicht als schicksalhafte Bestimmung auf, sondern als universales Prinzip inhärenter Widersprüchlichkeit, Brüchigkeit, Zerrissenheit der Welt. Geschichte verläuft nicht zielgerichtet linear. Sie mäandert ziellos in Fragmenten, Wiederholungen, Umkehrungen. Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit sind vielschichtig miteinander verschränkt und bestehen aus paarweisen Antonymen von Macht und Ohnmacht, Prunk und Elend, Monumentalität und Zerbrechlichkeit, Katastrophe und Anastrophe, Zerstörung und Entstehung, Glück und Unglück, Liebe und Hass, Unmenschlichkeit und Humanität, Politik und Poesie. Verzweiflung geht mit Hoffnung einher. Wo Schuld besteht, sind Vergebung und Versöhnung möglich.
Die Installation More Sweetly Play the Dance läuft in einer Endlosschleife im Wechsel mit der Filminstallation Oh To Believe In Another World (Oh, an eine andere Welt zu glauben). Ausschnitte mit Kommentaren von William Kentridge zeigt das hier verlinkte YouTube-Video.
Zitat zum Fim aus dem SKD-Portal:
Der zweite Film „Oh To Believe In Another World“ (2022) entstand als Auftragswerk zur Begleitung der 10. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch (1906–1975), die der russische Komponist nach Stalins Tod komponierte. In der Stalinzeit bewegte sich Schostakowitschs Leben zwischen Anpassung und künstlerischer Selbstbehauptung und die Sinfonie gilt gemeinhin als Abrechnung mit dem Diktator. Ausgehend von der Musik und dem Leben Schostakowitschs spannt Kentridge einen Bogen vom Tod Lenins (1924) bis zum Ende der Herrschaft Stalins (1953). In „Oh To Believe In Another World“ begegnet uns „Geschichte in Form einer Collage“ (William Kentridge).
Im anschließenden Raum sind Zeichnungen, Bildteppiche, Skulpturen, Fotografien, Collagen zum Thema Prozession ausgestellt (Fotoserie). Diese Arbeiten vermitteln Eindrücke von Kentridges multimedialer Arbeitsweise sowie von Kentridges Humor, den er trotz aller beklagten Missstände nicht verliert.







































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