Mittwoch, 6. Oktober 2021

1700 Jahre Kölner Stadtgeschichte - Führung in Alt St. Heribert und Neu St. Heribert, Köln-Deutz

Alt St. Heribert und Kirchtürme Neu St. Heribert aus Richtung Hohenzollernbrücke
Alt St. Heribert und Kirchtürme Neu St. Heribert
Neu St. Heribert, Köln-Deutz, Foto Raimond Spekking
Neu St. Heribert - Foto © Raimond Spekking
CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

Mehrere Veranstaltungen gedenken des sich 2021 jährenden 1000. Todestages des Heribert von Köln (970-1021).(1,2) Heribert war ein Vertrauter von Otto III. (980-1002) und vom Jahr 999 bis zu seinem Tod Erzbischof von Köln und damit zugleich Kölner Kurfürst. 1003 gründete Heribert im Areal des ehemaligen römischen Kastells Divita die Benediktinerabtei Deutz und ließ eine monumentale romanische Abteikirche errichten, deren zentraler Kuppelbau und mächtiger Westbau das Vorbild des Aachener Doms übertrafen. 1020 weihte Heribert die Kirche, in der er nach seinem Tod 1021 bestattet wurde. - Fotoserie
 
 
Heribertschrein in Neu St. Heribert
Heribertschrein
Gemäß Überlieferung haben Heriberts Gebete in einer Zeit von Dürren und Hungersnöten Regenfälle bewirkt, sodass bald eine Heiligen- und Reliquienverehrung einsetzte, die 1147 Heriberts Heiligsprechung bewirkte und Gebeine in einen bis heute existierenden kostbaren Schrein umgebettet wurden.(3) Die Abteikirche wurde dagegen mehrmals zerstört und wieder aufgebaut, zuletzt 1659-1663 als eine schlichte dreischiffige Basilika im Stil des Barock.(4,5) Außer Bauzitaten sind von der ehemaligen romanischen Abtei nur Fundamente erhalten. Trotzdem sortiert der Förderverein Romanische Kirchen Köln St. Heribert unter den insgesamt 13 kleinen Kölner romanischen Kirchen ein.(6) Ende des 19. Jahrhunderts entstand im Zentrum von Deutz die neuromanische katholische Pfarrkirche Neu St. Heribert, in die der Schrein 1896 umzog. 
 
In einer vom Kölner Domforum organisierten Führung (12 €/pP) bringt Jean-Bruno Broicher 10 Teilnehmern über mehr als zwei Stunden Geschichte und Architektur beider Kirchen und deren Umgebung ebenso fachkundig wie unterhaltsam und kurzweilig nahe. Die in der Gegenwart eher unscheinbare Basilika erweist sich als ein Kristallisationspunkt verdichteter Kölner Stadtgeschichte, in deren Verlauf Deutz und die Abtei nicht nur entstanden, sondern immer wieder von der Stadt Köln zerstört wurden. Gründen der Entstehung sowie wiederholten Zerstörungen und Wiederaufbauten von Deutz und der Abtei geht dieser Post nach.
 
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Übersicht der Kapitel
 
1    Auftakt der Führung in der Abteikirche St. Heribert
2    Geschichte Köln und Deutz im Zeitraum 3. - 10. Jahrhundert
3    Baugeschichte der Abtei St. Heribert im Kontext Kölner Stadtgeschichte des Früh- und Hochmittelalters
4    Erklärungsskizzen: Genese Kurköln, Genese der Bedeutung Kölns,  Interessenkonflikte zwischen Kurköln und Stadt Köln
5    Schlacht bei Worringen 1288
6    Nach der Schlacht von Worringen: Fortsetzung der Konflikte innerhalb der Stadt Köln sowie zwischen Köln, Kurköln und Deutz 
7    Kölner oder Truchsessischer Krieg (1583-1588)
8    Köln und Deutz ab dem Dreißigjährigen Krieg 
9    Köln und Deutz in der Franzosenzeit (1794-1813)
10  Köln und Deutz in der Preußenzeit (1814-1918)
11  Köln in der Weimarer Republik (1918-1933)
12  Köln in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945)
13  Historischer Park Deutz in der Gegenwart
14  Besichtigung Neu St. Heribert
15  Historisches Archiv der Stadt Köln
16  Projekte Time Machine Cologne und Time Machine Europe
 
 
1 Auftakt der Führung in der Abteikirche St. Heribert

Alt St. Heribert am Deutzer Rheinufer Kirchenausstattung der griechisch-orthodoxen Gemeinde, Köln Gewölbekeller Abtei Deutz
 
    Kurzbeschreibung der Fotos:
    L:  Alt St.Heribert, Köln Deutz
    M: Griechisch-orthodoxe Ikonostase in Alt St. Heribert
    R: Römisches und mittelalterliches Mauerwerk im Gewölbekeller der Abtei Deutz
 
Die Abteikirche wird seit den 1990er Jahren von der Griechisch-0rthodoxen Gemeinde Köln genutzt, die im Raum Köln ca. 10.000 Mitglieder betreut.(1) Der Gemeinde wurden lediglich in Holz ausgeführte Ausstattungen und keine Bemalung von Wänden gestattet. Unter dem Chor befindet sich eine 1945 neu eingewölbte schmucklose Krypta mit feuchtem Mauerwerk. Erhaltene Ausstattungen sind nach Neu St. Heribert umgezogen. Das zweigeschossige Klostergebäude ist eine vom Caritasverband Köln als Altenzentrum St. Heribert genutzte Rekonstruktion der 1970er Jahre. Unter dem nördlichen Gebäudetrakt befindet sich ein mittelalterlicher Gewölbekeller, in dem eine 3,4 m mächtige Wehrmauer des römischen Kastells in bis zu 3 m Höhe im Originalzustand erhalten ist.(2)
 
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  1. 1000 Jahre Heribert von Köln: Vom Benediktinerkloster zur orthodoxen Kirche: Alt St. Heribert / Entschlafen der Gottesbärerin
  2. Förderverein Historischer Park Deutz: Geschichtliches  
 
 
2 Geschichte Köln und Deutz im Zeitraum 3. - 10. Jahrhundert (1,2)  
 
 
Das römische Köln als Computeranimation (ZDF Terra X, 1 min, 20.03.2016)
 
Römisches Köln und Kastell Deutz im 3. und 4. Jahrhundert (Rekonstruktion)
Römisches Köln und Kastell Divitia im 3. und 4. Jh.
nach einem Aquarell von Roderic Stokes
Römisch-Germanisches Museum Köln
Bronzemodell des römischen Kastells Deutz mit römischer Rheinbrücke
Bronzemodell Kastell Divitia im hist. Park Deutz
Ab 261 überquerten rechtsrheinische Germanen immer wieder den Rhein und plünderten auf der linken Rheinseite die römische Siedlung. Um die Rheingrenze und den Handel mit Germanen zu sichern, errichteten Römer bei Köln ab 310 unter Kaiser Konstantin I. (um 280-337) eine Rheinbrücke (Konstantinbrücke) und parallel zu deren Schutz auf der rechten Rheinseite das Kastell Divitia (Deutz) (310-315). Das quadratisch angelegte Kastell hatte eine Seitenlänge von ca. 142 m und war von einer 3,3 m starken Mauer mit 14 Türmen sowie einem 12 m breiten und 3 m tiefen Wassergraben umgeben. In Verlängerung der konstantinischen Brücke lag in der Ost-West-Achse innerhalb des Kastells eine 5 m breite Hauptstraße, an der sich 16 eingeschossige Kasernen für ca. 900 Legionäre befanden. Jeweils am Ende der Hauptstraße bestanden mächtige, mit Fallgittern ausgestattete Torbauten.

401 verließen Römer das Kastell. 430 richteten Franken in dem Kastell einen Königshof ein, der um 556 von Sachsen zerstört und geplündert wurde. Das Kastell entwickelte sich zur Siedlung Deutz.(2) In dieser Zeit verfiel die römische Rheinbrücke oder sie wurde möglicherweise abgerissen. Feste neue Brücken überqueren den Rhein bei Köln erst wieder ab dem 19. Jahrhundert.(3) 
 
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3 Baugeschichte der Abtei St. Heribert im Kontext Kölner Stadtgeschichte des Früh- und Hochmittelalters

Anton Woensam, große Ansicht Köln, Holzschnitt 1531 Anton Woensam, Detail St.Heribert, Holzschnitt 1531 Köner Stadtansicht 1570, Arnold Mercator

    Kurzbeschreibung der Fotos:
    L: Anton Woensam, Kölner Stadtansicht aus Richtung Deutz, Holzschnitt 1531
    M: Anton Woensam, Kölner Stadtansicht, Detailausschnitt St.Heribert, Holzschnitt 1531
    R: Köner Stadtansicht von 1570, Kupferstich Arnold Mercator (dynamische Karte Mercatorplan Köln)
 
Auf Betreiben von Otto I. (912-973) wurde dessen Bruder Brun (Bruno) (925-965) zum Erzbischof von Köln gewählt.(1) Otto belieh Brun mit dem Herzogtum Lothringen und machte damit seinen Bruder zum weltlichen Herrscher sowie zum zweitmächtigsten Mann im Reich. Otto stattete Bruno als Erzbischof von Köln mit königlichen Privilegien aus: das Recht zur Stadtbefestigung sowie Zoll-, Münz-, Steuer-,  Marktrecht. Damit wuchs Kölns Bedeutung im Reich. 
 
Mit der Stiftungsurkunde vom 1. April 1003 widmete der Kölner Erzbischof Heribert das ehemalige Kastell Divita als erzbischöfliches Kloster in die Abtei Deutz um und siedelte Benediktiner an. Am Deutzer Rheinufer bestand zwar seit dem 9. Jahrhundert die Pfarrkirche St. Urban, aber ein Kloster verlangt eine eigene Kirche, sodass Heribert neben einem Abteigebäude eine monumentale Kathedrale mit einem großen achteckigen Kuppelbau im romanischen Stil errichten ließ. 1020 weihte Heribert die Kirche, in der er schon im Folgejahr bestattet wurde.

Ab dem 13. Jahrhundert geriet Deutz als Zankapfel zwischen dem Erzbischof, der Stadt Köln und der Grafen von Berg in ein Spannungsfeld von Machtinteressen. 1225 wurde Heinrich von Müllenark (1190-1238) Erzbischof Heinrich I. von Köln. 1230 verlieh er Deutz Stadtrechte und erlaubte eine Stadtbefestigung. Da Deutz zu Kurköln gehörte, nahm die Stadt Köln ihren rechtsrheinischen Nachbarn als latente Bedrohung eigener Interessen wahr.(2) Auf Drängen der Stadt Köln gestatteten nur 13 Jahre später der Erzbischof von Köln und die Grafen von Berg das Niederreißen der Stadtbefestigung. 
 
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  1. Bestattet wurde Brun in dem von ihm gestifteten Kölner Kloster St. Pantaleon
  2. Kölner Stadt-Anzeiger: Starke Rivalin auf dem rechten Rheinufer


4 Erklärungsskizzen: Genese Kurköln, Genese der Bedeutung Kölns,  Interessenkonflikte zwischen Kurköln und Stadt Köln
 
Rheinzölle wurden in Form von Marktzöllen und Transitzöllen bereits von den Römern erhoben. Nachfolgende Dynastien setzten diese Praxis fort, wobei die Rheinschifffahrt für Handel und Warenverkehr über Jahrhunderte nur untergeordnete Bedeutung hatte. Bis Ende des 10. Jahrhunderts wurden Zölle in der Regel in Form von Naturalabgaben ohne einheitliche Regelung in geringer Höhe erhoben. Köln lag an einer wichtigen Schnittstelle der niederrheinischen und oberrheinischen Schifffahrt. Zwischen Köln und der Nordsee waren Transporte mit großen, bauchigen Schiffen rationeller als die Nutzung kleiner Schiffe. Aufgrund damaliger Bedingungen des Rheins konnten große Schiffe nicht am Mittel- und Oberrhein verkehren. Dort waren flache, kleinere Schiffe erforderlich. Über Köln hinausreichender Transithandel auf dem Rhein lud Schiffe in Köln um. 
 
Im Hochmittelalter deutete sich ein neuer Rheindurchbruch östlich von Köln an, der den Niedergang Kölns als Handelsstadt bedeutet hätte und darum mit großen Anstrengungen verhindert werden musste. So entstand am rechten Rheinufer ab 1560 in einem 250-jährigen Großprojekt die Uferbefestigungsanlage der Poller Köpfe. Da die Poller Wiesen zum Eigentum des Erzbischofs gehörten, zählten die Befestigungsanlagen über Jahrhunderte zu Streitgegenständen zwischen der Stadt und dem Erzbischof. Erst der Bau des Deutzer Hafens ersetze im frühen 20. Jahrhundert die historische Befestigungsanlage der Poller Köpfe. Als zur Vorbereitung des Papstbesuchs im Jahr 2005 Kampfmittelräumdienste die Poller Wiesen im Sommer 2003 bei extremen Niedrigwasser untersuchten, wurde die historische Befestigungsanlage entdeckt und archäologisch gesichert.(1) Seit 2005 stehen die Poller Wiesen als historische Uferlandschaft unter Bodendenkmalschutz.
 
Ab dem 11. Jahrhundert konnten Kölner Erzbischöfe ihren weltlichen Herrschaftsbereich ausbauen. 1151 wurde ihnen die rheinische Herzogswürde verliehen. Damit entstand Kurköln. Kurkölner Erzbischöfe entwickelten sich zu den mächtigsten Fürsten im Reich und zu 'Königsmachern'. Macht kurkölner Erzbischöfe definierte sich weniger über territoriale Grenzen, sondern vor allem über die Ausübung weltlicher Herrschaft, die das Recht zur Rechtsprechung umfasste. 
 
1056 ernannte Heinrich III. (1016-1056) gegen den Widerstand Kölns Anno II. (1010-1075) zum Erzbischof als Nachfolger von Hermann II. aus dem bis dahin mächtigen Geschlecht der Ezzonen, die in Brauweiler Spuren hinterlassen haben.(2) Die innige Abneigung der Kölner gegen Anno blieb bis zu dessen Tod bestehen. Anno war eine machtbewusste Persönlichkeit. Als Erzbischof erreichte Anno den Zenit erzbischöflicher Machtenfaltung.(3) Als Stadtherr verstand er sich als alleiniger Herr über alle Stadtbewohner. Zu Wohlstand gelangte Kölner Kaufleute waren jedoch selbstbewusst und entwickelten ein abweichendes Rechtsverständnis. Das Klima zwischen Bürgern und Stadtherr geriet zunehmend vergiftet. 1074 legte sich die Kölner Bürgerschaft mit Anno an. In Köln kam es zu einem Aufstand gegen den Erzbischof, der sich jedoch durchsetzen konnte und erst 1288 aus der Stadt vertrieben wurde (siehe Kapitel 5 dieses Posts).(4)
 
In der dreizehnbändigen Gesamtdarstellung Geschichte der Stadt Köln beschreibt ein Kapitel des Bands 3, Köln im Hochmittelalter, den Aufstand von 1074 gegen Erzbischof Anno (Seiten 9-24), der nachfolgend komprimiert beschrieben ist:
  • Ostern 1074 beklagte Anno in seiner Predigt, dass Köln in die Gewalt des Teufels geraten sei und verlangte strenge Buße.
  • Über Ostern weilte der der befreundete Bischof Friedrich I. von Münster als Annos Gast in der Stadt. Für die Heimreise des Gastes ließ Anno ein bereits beladendes Schiff eines Kölner Kaufmanns beschlagnahmen und entladen. Die Kaufleute betrachteten diesen Akt als Unrecht und widersetzten sich. Anno lenkte nicht ein, sondern drohte mit Züchtigung. Dieser Funke zündete eine Sprengladung.
  • Gegen Anno bildete sich eine Verschwörung. Die Vornehmen der Stadt verbündeten sich. Das Volk tobte und wollte den Erzbischof und seinen Gast lynchen. Um eine Flucht zu verhindern, schlossen die Aufständischen die Stadttore und bewachten sie. Dann stürmten sie das erzbischöfliche Palais, um es zu plündern und zu zerstören.
  • Anno und seine Begleitung flüchteten in den Dom und verriegelten ihn. Anno wechselte die Kleidung und konnte im Dunkel der Nacht durch einen kurz zuvor entstandenen kleinen Durchbruch der Stadtmauer flüchten. Ein als Annoloch, Annostollen oder Katzenpforte bezeichneter Durchbruch der Stadtmauer befindet sich in der Kölner Domgarage (Foto Wikimedia). Jedoch ist unsicher, wie weit sich dieses Relikt mit historischer Realität deckt oder ob es lediglich eine Legende ausschmückt.(5,6)
  • Während Anno in der Stadt keinen Rückhalt hatte, war die Landbevölkerung der Umgebung gegen die Städter feindlich gesinnt und stand zum Erzbischof. Schnell fand sich eine mehrere Tausend Köpfe zählende kampfbereite Menge, die mit dem Erzbischof zur Stadt zog.
  • Der spontane Aufstand war schlecht organisiert, sodass die Aufständischen gegen diese Menge keine Chancen sahen. Sie kapitulierten und erklärten sich für schuldig. In Anbetracht der zu erwartenden Bestrafung flohen 600 Kaufleute aus Köln.
  • Ritter des Erzbischofs drangen angeblich ohne dessen Wissen in Häuser Aufständischer ein, plünderten deren Besitz, töteten diejenigen, die sich wehrten und legten die anderen in Ketten. Anführer wurden geblendet, ausgepeitscht und kahl geschoren. Ehrenstrafen schändeten die Vornehmen. 
  • König Heinrich IV. zog nach Köln, um Gericht zu halten. Anno war von 1062 bis 1065 Heinrichs Erzieher, als dieser noch minderjährig war. Vorausgegangen war 1062 der dubiose Staatsstreich von Kaiserswerth, mit dem Anno den minderjährigen König entführte und sich selbst zum Regenten des Reichs machte. Die Motive der Entführung sind unter Historikern strittig. Aufgrund dieser Vorgeschichte war das Verhältnis zwischen Heinrich und Anno massiv belastet. Heinrich wollte den Kölnern zur Hilfe kommen, die jedoch keine belastbaren Beweise vorlegen konnten. Anno verteidigte sich geschickt und konnte sich durchsetzen. Anführern des Aufstands verlangte er einen Treueeid ab, den dieses leisteten. 
  • Anno war jedoch bewusst, dass er trotz der bestätigten Machtstruktur auf die Mitwirkung der Kölner Bürger und insbesondere auf die Kooperation der Vornehmen angewiesen war. Möglicherweise hatte Anno aber auch Bedenken, ob sein Verhalten gegen dem Weltenrichter zu rechtfertigen ist. Ostern 1075 erlaubte Anno geflüchteten Kaufleuten ohne Bestrafung die Rückkehr nach Köln und gab ihnen ihr Vermögen zurück. Dieses Zugeständnis empfand Anno als Niederlage. Auf dem Totenbett widerrief er im Dezember 1075 die zuvor angeordnete Bestattung in der Kölner Stiftskirche St. Mariengraden und ließ sich im Kloster Siegburg bestatten.
Das vermutlich von einem Siegburger Mönch um 1080 verfasste Annolied glorifiziert den umstrittenen Erzbischof Anno zum Zwecke der Heiligsprechung. In seinem 8. Todesjahr wurde Anno 1083 heilig gesprochen. - Ökumenisches Heiligenlexikon: Anno II. von Köln

Die Durchsetzung kurkölnischer Herrschaft stützte sich vor allem auf Städte und Burgen. Steuern und Zölle finanzierten ihre Herrschaft. Der Transitverkehr von Waren wurde mit Transitzöllen belastet und der Handel von Waren mit Marktzöllen. Bemessungsgrößen der Zölle waren uneinheitlich geregelt, häufigen Änderungen unterworfen und eine Quelle ständiger Konflikte. Wasserwege bildeten inzwischen die wichtigsten Handelsstraßen des überregionalen Warenverkehrs. Der Rheinzoll entwickelte sich seit Mitte des 12. Jahrhunderts für die rheinischen Erzbistümer Trier, Mainz und Köln zu einer bedeutenden Einnahmequelle, an der weitere Fürstentümer teilnahmen oder teilnehmen wollten. 
 
Mit der Entstehung von Kurköln fielen Zollrechte ab Mitte des 12. Jahrhunderts an den Kölner Erzbischof. Kaufleute konnten von Abgaben entlastet werden, wenn sie ihre Waren in Köln verkauften oder zumindest anboten. Aus dieser Verfahrensweise entwickelte sich zu Beginn im 12. Jahrhundert ein noch nicht kodifiziertes  Umschlags- und Stapelrecht, von dem zunächst sowohl der Erzbischof als auch die Stadt profitierten.(7) Der Erzbischof kassierte Zölle und indem er Waren in die Stadt zwang, profitierte Köln vom Vorkaufsrecht. Da Köln über kein Territorium außerhalb seiner Stadtmauern und über keine Rohstoffe verfügte, sicherten Umsätze aus Umschlags- und Stapelrechten nicht nur auskömmliche Einkünfte, sondern ermöglichten auch Wohlstand und Reichtum, die es zu schützen galt. Die enorme Kölner Stadtbefestigung galt zu ihrer Zeit als einzigartig in Europa und wurde nie von außen überwunden.(8) Bewacht wurde die Stadtmauer von einer von den Zünften gestellten Miliz sowie wahrscheinlich ab 1422 von Stadtsoldaten, von denen sich der Karnevalsverein Rote Funken herleitet.(9,10)
 
Handelsplätze des Warenverkehrs waren die Städte. Aufgrund ausufernder Zollstationen und wuchernder Zollsätze mussten überregional gehandelte Waren mehrfach verzollt werden, was Waren erheblich verteuerte und den Handel der Städte zunehmend behinderte. Konfliktpotentiale zwischen Landesfürsten und Städten nahmen zu und konnten von schwachen Königen oder Kaisern nicht reguliert werden. 1254 schlossen sich 59 Städte wegen der Behinderung des Handels zum Rheinischen Städtebund zusammen, der die Abschaffung oder zumindest Reduzierung von Rheinzöllen verlangte, dieses Ziel aber nur temporär und über mehrere Jahrhunderte mit nur geringem Erfolg erreichte. Umschlags- und Stapelrechte der Städte behinderten mit Zöllen belasteten Handel- und Warenverkehr zusätzlich. Zwischen Zollrechten auf Seiten der Landesfürsten sowie Umschlags- und Stapelrechten auf Seiten der Städte bestanden über Jahrhunderte kaum kontrollierbare Interessenkonflikte, die immer wieder neue Streitigkeiten provozierten. 
 
Die extrem ungleiche Verteilung von Reichtümern und Rechten im Land setzte sich in Städten fort und erzeugte Konfliktpotentiale. In Köln bildete eine kleine Schicht alteingesessener, vornehmer und reicher Familien der Stadt die exklusive Oberschicht des Kölner Patriziats, das eine Abstammung von legendären römischen Geschlechtern der Antike behauptete, sich analog Adel göttlich dazu bestimmt sah, die Stadt zu regieren und faktisch Macht in der Stadt ausübte. Untereinander waren sich jedoch Familien des Kölner Patriziats keineswegs einig, sondern durchaus zerstritten. Zünfte der Handwerker und Gilden der durch Handel zu Wohlstand gelangten Kaufleute wehrten sich gegen die oligarchische Dominanz des Patriziats und begehrten Beteiligung an der städtischen Herrschaft. Gegen den Erzbischof rauften sich jedoch die Vertreter der verschiedenen Kölner Interessen zusammen.
 
1259 kodifiziert der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (1205-1261) aus taktischen Gründen das Stapelrecht zugunsten der Stadt Köln. Damit wollte er aufstrebende Kölner Kaufmannsfamilien auf seine Seite ziehen und zugleich die Stadt politisch schwächen, indem er versuchte, Interessen der Kölner Kaufleute und des Kölner Patriziats gegeneinander auszuspielen. Der Schuss ging jedoch nach hinten los. Das Stapelrecht verstärkte das Bestreben der Stadt nach Unabhängigkeit. 
 
Engelbert II. von Falkenburg (1220-1274), Nachfolger von Konrad, versuchte seine Interessen durch Erregung innerer Zwistigkeiten innerhalb der Stadt Köln durchzusetzen. Er verbündete sich mit den Zünften und legte sich mit den Kölner Patriziern an. Engelberts expansive Machtpolitik bremste 1267 die Schlacht bei Zülpich, in der sich Truppen des Erzbischofs und des mit Köln verbündeten Grafen von Wilhelm IV. von Jülich (1220-1278) und seiner Verbündeten gegenüberstanden. Engelberg unterlag, wurde aus Köln vertrieben und 3,5 Jahre auf der Burg Nideggen gefangen gehalten. Über den Grafen von Jülich und die Stadt Köln wurde der Kirchenbann verhängt. Engelbert verlegte seine Residenz nach Bonn. 1271 kam zwischen Köln und Engelbert eine Versöhnung zustande. Bonn blieb Sitz der kurkölner Residenz, wurde aber erst 1597 offiziell zur kurkölnischen Haupt- und Residenzstadt erhoben. 

Gegen den Willen der Kölner weihte Papst Gregor X. (1210-1276) Siegfried von Westerburg (????-1297) 1275 zum Kölner Erzbischof. Als neuer Erzbischof hob er den Kirchenbann gegen Köln auf und schloss mit der Stadt einen Freundschaftsvertrag. Siegfried mischte sich im Limburger Erbfolgestreit ein, der in die Schlacht von Worringen mündete, aus der die endgültige Vertreibung der Erzbischöfe aus der Stadt Köln resultierte.
 
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  1. Monumente: Niedrigwasser macht's möglich
  2. Siehe Post: Abtei Brauweiler - Machtzentrum, Pfarrkirche, Bettleranstalt, Arbeitsanstalt, KZ, Irrenanstalt, Kulturzentrum, Hochzeitslocation
  3. Portal Rheinische Geschichte: Anno II. von Köln
  4. Blog Curiositas: Interessantes und Kurioses aus dem Mittelalter, Der Aufstand von 1074: Die Kölner kämpfen für ihre Freiheit
  5. Kölner Stadt-Anzeiger: Barbara Schock-Werner: "Am Domparkhaus wird das antike Erbe Köln mit Füßen getreten"
  6. Kölner Stadt-Anzeiger: Wo der Erzbischof sich aus dem Staub gemacht hat
  7. Portal Rheinische Geschichte: Der Kölner Stapel
    Die Urkunde des Kölner Stapels legitimiert ein Monopolrecht, das Wegelagerei nahe kommt. Um dieses Bild zu vertuschen, behauptet die Urkunde des Stapelprivilegs fälschlich, dass hier ein uraltes Traditionsrecht besiegelt würde.
  8. Portal Rheinische Geschichte: Die Kölner Stadtmauer um 1200
    Die große Stadterweiterung ab 1180 setzte Köln gegen Widerstand von Erzbischof Philipp I. von Heinsberg (1130-1191) durch und baute die erweiterte Stadtmauer auf Grund und Boden des Erzbischofs. Dieser beschwerte sich bei Kaiser Friedrich I. (1122 -1190), der Köln in einem Schiedspruch eine Geldstrafe auferlegte. Da beide Parteien dem Vergleich zustimmten, konnte der Ausbau der Stadtbefestigung fortgesetzt werden. Ab 1187 unterstützte der Erzbischof sogar den Ausbau der Stadtmauer, nachdem er Konflikte mit dem Kaiser hatte und Verbündete brauchte.
  9. KölnWiki: Das mittelalterliche Köln: Stadtmauer und Bauwerke 
  10. Gemäß Reichsmatrikel von 1422 verpflichteten sich die freien Städte zur Aufstellung von Truppenkontingenten, die bei Bedarf einer Reichsarmee zur Verfügung zu stellen waren.
 
 
5 Schlacht bei Worringen 1288
 
Im Limburger Erbfolgestreit (1283-1289) eskalierten Konflikte um die Territorialordnung in Lothringen, Rheinland und Westfalen zwischen den Grafen von Berg im Rheinland, den Grafen auf der Mark in Westfalen und dem Kurkölnischen Erzbischof als weltlicher Vertreter des Königs in Kurköln. Die geringe Macht deutscher Könige zu dieser Zeit wollten die Grafen von Berg und auf der Mark nutzen, um ihre eigene Macht auszudehnen und Unabhängigkeit vom Erzbischof zu erreichen. Köln war zu einer wirtschaftlichen Metropole aufgestiegen und erkannte die Chance, von diesem Konflikt im Sinne eigener Unabhängigkeit zu profitieren. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit zwischen kurkölnischen Interessen der Erzbischöfe Konrad von Hochsteden (1205-1261), Engelbert II. von Falkenburg (1220-1274) und Siegfried von Westerburg (????-1297) einerseits, die ihre Macht absichern und ausdehnen wollten sowie andererseits dem nach Eigenständigkeit strebenden Kölner Bürgertum, in dem jedoch Patrizier und Zünfte zerstritten waren. Im Großkonflikt formten sich zwei Parteien. Die Grafen von Berg und auf der Mark verbündeten sich mit der Kölner Bürgerschaft und sicherten sich die Unterstützung weiterer Adeliger. Der Kölner Erzbischof, Siegfried von Westerburg, schmiedete ein Gegenbündnis.  

Illustration 1440/50 aus einer Handschrift der Brabantsche Yeesten von Jan van Boendale Walter Dodde und bergische Bauern, Historienbild von Peter Janssen dem Älteren, 1893 Diorama der Schlacht bei Worringen im Bergischen Museum auf Schloss Burg
    Kurzbeschreibung der Fotos:
    L: Schlacht von Worringen, Illustration 1440/50 aus einer Handschrift der Brabantsche Yeesten von Jan van Boendale 
    R: Großdiorama der Schlacht bei Worringen im Bergischen Museum auf Schloss Burg
 
Der Showdown des Konfliktes fand am 5. Juni 1288 auf der Fühlinger Heide als Schlacht von Worringen statt, in der sich nahezu alle bedeutenden Adelsgeschlechter des Niederrheins gegenüberstanden.(1) In der Schlacht kämpfe eine Kölner Miliz Seite an Seite mit Vertretern des Kölner Patriziats erfolgreich gegen den Kölner Erzbischof. Insgesamt waren ca. 10.000 Kämpfer beteiligt, darunter militärisch unerfahrene bergische Bauern und eine Kölner Miliz, die trotz oder gerade wegen fehlender Erfahrung maßgeblich zum Erfolg ihres Bündnisses beitrugen. Da sie Freund und Feind nicht unterscheiden konnten und militärische Ordnung nicht kannten, schlugen sie auf alles ein, was sich bewegte und verbreiteten Angst und Schrecken. Mit dieser unorthodoxen Methode wussten hoch gerüstete und militärisch erfahrene Kämpfer nicht umzugehen, so dass viele von ihnen das Weite suchten. Ca. 1.100 Männer starben auf dem Schlachtfeld und später weitere 700 an ihren Verletzungen.(2)
 
Der Ausgang der Schlacht hatte weitreichende Konsequenzen für die Beteiligten:(3) 
  • Der Kölner Erzbischof, Siegfried von Westerburg, geriet ein Jahr auf Schloss Burg an der Wupper in Gefangenschaft und kam erst frei, nachdem er in einem Vertrag die Kölner Souveränität anerkannt und 12.000 Mark (ca. 3 Tonnen Silber) Lösegeld an den Grafen von Berg gezahlt hatte. Siegfrieds Burgen am Niederrhein wurden geschleift.
  • Erzbischöfe verloren weitgehend ihre weltliche Macht als Landesherren von Köln und durften fortan die Stadt nur für religiöse Handlungen betreten. Den Erzbischöfen sind jedoch einige Rechte verblieben, die sie nach 1288 zu nutzen versuchten, um ihren Anspruch auf die Stadtherrschaft zurückzugewinnen.
  • De facto war Köln nun Freie Stadt, aber formell keine Reichsstadt, jedoch diesen gleichgestellt.(4) De jure bestätigt Kaiser Friedrich III. erst 1475 den Status einer Freien Reichsstadt
  • Die Grafen von Berg und auf der Mark konnten ihre Macht ausbauen. 
  • Nicht völlig uneigennützig hatte der Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg 1266 das Kölner Judenprivileg erlassen. Nur 4 Tage nach der Schlacht von Worringen, in der der Nachfolger Siegfried von Westerburg eine Niederlage erlitt und endgültig aus der Stadt Köln vertrieben wurde, setzten in der Umgebung von Köln Judenverfolgungen ein. - Wikipedia: Jüdische Geschichte in Köln 
  • Gemäß Folklore der Gegenwart soll mit der Schlacht von Worringen die Erbfeindschaft zwischen Köln und Düsseldorf begonnen haben.(5)
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  1. Wikipedia: Die Schlacht von Worringen
  2. Ausführliche Darstellung im Archivheft 20 des LVR: Vera Torunsky: Worringen 1288 (PDF)  
  3. Wikipedia: Schlacht von Worringen: Auswirkungen der Schlacht
  4. Freie Städte verwalteten sich unabhängig von der politischen Struktur des Umlandes selbst und besaßen Rechte und Privilegien, die den Reichsstätten ähnlich waren. Freie Städte blieben jedoch einem Bischof als Landesherren unterstellt. Dem Kaiser waren sie weder Steuern noch Gefolgszwang schuldig und durften vom Reich nicht verpfändet werden. Dagegen unterstanden Reichsstätte unmittelbar dem Kaiser. Aus der Reichsunmittelbarkeit ergaben sich Rechte und Pflichten, die sie Fürsten weitgehend gleichstellte. Umgangssprachlich entstand die Sammelbezeichnung "Freie Reichsstadt", die Unterschiede zwischen Freien Städten und Reichsstädten verwischte. Erst in der frühen Neuzeit wurden Freie Städte und Reichsstädte auf dem Städtekolleg des Reichstags als "Freie und Reichsstädte" zusammengefasst.
  5. WELT: Die Schlacht, die Köln und Düsseldorf verfeindete
 
 
6 Nach der Schlacht von Worringen: Fortsetzung der Konflikte innerhalb der Stadt sowie zwischen Köln, Kurköln und Deutz

Anton Woensam, Gesamtansicht Köln, Holzschnitt 1531
Aus 9 Blättern bestehendes Panoramabild der Ansicht von Köln, Holzschnitt 1531 von Anton Woensam
 
Auch nach der Schlacht von Worringen blieben Erzbischöfe Herren des Kölner "Hohen weltlichen Gerichts" und ernannten Schöffen der städtischen Gerichtsbarkeit. Über dieses Privileg konnten Erzbischöfe indirekt mitregieren. Darüber hinaus konnten Erzbischöfe über das Judenregal, das 1356 vom Kaiser auf die Kurfürsten übergegangen war, zusätzlichen politischen Einfluss ausüben, .(1)
 
Zwischen der Stadt Köln und Kurköln ständig schwelende Konflikte eskalierten im sog. Kölner Schöffenkrieg (1375-1377). Erzbischof Friedrich III. von Saarweden (1348-1414) stellte 1372 einen für 10 Jahre gültigen Judenschutzbrief aus, der Juden eine Ansiedlung in der Stadt gestattete und ihnen das Monopol des Geldverleihens gewährte.(2) Der Schutzbrief diente vermutlich eigenen Interessen des hoch verschuldeten Erzbischofs, der sich u.a. Geld bei rheinischen Juden geliehen hatte. Die Finanzkraft von Juden war in der Stadt erwünscht und nützlich, aber das Zusammenleben war nicht unproblematisch. 2 Monate nach Erlass des Schutzbrief gewährte der Rat der Stadt Juden ein befristetes Aufenthaltsrecht, an das er jeodch Bedingungen knüpfte. 1404 etablierte der Rat der Stadt eine verschärfte Judenordnung und entschied 1423, das befristete Aufenthaltsrecht nicht mehr zu verlängern.(3)
 
1375 verhaftete im Auftrag des Erzbischofs eine Amtsperson des hohen Gerichts zwei als Geldverleiher tätige Juden, die angeblich Glaubensbrüder an berüchtigte Straßenräuber verraten hatten. Die Beschuldigung der vermeintlichen Straftat war vermutlich im Interesse der Rückeroberung verlorener Macht seitens Erzbischof inszeniert. Während der Erzbischof sich auf seinen Schutzbrief berief, der gemäß bischöflicher Auslegung die Gerichtsbarkeit über Juden umfasse, erzwang der Rat der Stadt die Freilassung der Männer und ließ die involvierte Amtsperson des Hohen Gerichts verhaften und foltern. Daraufhin ließ der Erzbischof das Hohe Gericht schließen, zog Schöffen ab und ließ Handelswege nach Köln sperren. Im Konflikt folgten weitere Attacken:
  • Eine vom Erzbischof angeheuerte Söldnertruppe überfiel die Stadt, die jedoch gewarnt war und den Angriff abwehrte. 
  • Im Gegenzug brandschatzten und plünderten Kölner Söldner in kurkölnischen Dörfern.
  • Der Erzbischof setzte den Hebel bei Kaiser Karl IV. (1316-1378) an, der auf die Unterstützung des Kölner Erzbischofs Friedrich III. von Saarweden (1348-1414) angewiesen war. Der Kaiser sprach dem Erzbischof einen Schadenersatz von 200.000 Goldmark zu, was den Zugriff auf das städtische Vermögen erlaubte und forderte andere Fürsten und Städte zur Unterstützung des Erzbischofs auf.
  • Der Kaiser verhängte die Reichsacht über Köln. Köln bat Papst Gregor XI. um Unterstützung. Dieser hatte ein offenes Ohr für das Anliegen, da der Erzbischof mit 120.000 Gulden verschuldet war, die er der Kurie für seine Ernennung zum Erzbischof zugesagt hatte. Zur Auszahlung kam es jedoch nicht, weil Friedrich hoch verschuldet war und seine desolate Finanzlage erst mit Übernahme des Erzstiftes zu entschulden trachtete (u.a. durch die Erhebung und Erhöhung von Rheinzöllen). Außerdem musste Friedrich zunächst immense Schulden bei seinem Großonkel tilgen, Kuno II. von Falkenenstein (1302-1382), Erzbischof von Trier, der ihm den Posten des Erzbischofs von Köln verschafft hat. Gregor XI. exkommunizierte Erzbischof Friedrich III. von Saarweden und bestätigte alle Rechte und Privilegien der Stadt. Die Exkommunizierung zeigte jedoch wenig Wirkung.
  • Im Gegenzug exkommunizierte der Erzbischof alle Kölner Bürger, die an der Verhaftung der involvierten Amtsperson des Hohen Gerichts beteiligt waren und befahl allen Geistlichen, die Stadt zu verlassen. Diese ließen sich jedoch Schutz zusichern und blieben in der Stadt. Auch diese Exkommunizierung zeigte wenig Wirkung.
Bis 1375 wurde der Konflikt überwiegend politisch-diplomatisch ausgetragen. Provokoationen testeten Handlungsspielräume. Ab 1376 nahm der Konflikt Fahrt auf und ging in Gewalttätigkeiten über:
  • Eine Gruppe rheinischer Adeliger brannte am 30. April 1376 das zu Kurköln gehörende Deutz nieder. Unsicher ist, ob Köln beteiligt war oder lediglich die Tat billigte. 
  • Der Erzbischof ließ Köln von Militär belagern.
  • Köln sicherte sich die Dienste von Söldnern, die am 19. Juni 1376 die Abtei Deutz erneut verwüsteten. 
  • Am 6. Juli 1376 krönte Erzbischof Friedrich Kaiser Karls Sohn Wenzel (1361-1419) in Aachen zum König, der die Reichsacht über Köln bestätigte, worauf ein apostolischer Nuntius des Papstes die Exkommunikation des Erzbischofs bestätigte. Für die Wahl seines Sohnes Wenzel zum König zahlte Kaiser Karl IV. ca. 50.000 Gulden an den Kölner Erzbischof Friedrich, der sich mit diesem Geld bei seinem Großonkel Kuno II. von Falkenstein entschuldete. Die Entschuldung bei der Kurie gelang Friedrich jedoch erst durch für ihn günstige Umstände des Abendländischen Schismas.(4)
  • Der Erzbischof ließ mit Unterstützung von Verbündeten weitere Truppen gegen Köln aufstellen, worauf die Stadt Truppen über den Rhein schickte, die Deutz ein weiteres Mal zerstörten.
  • Auseinandersetzungen verlagerten sich in das ländliche Umfeld, ohne dass eine Partei nennenswerte Vorteile erzielen konnte.
Mittlerweile waren die Kassen leer, weil Handel nicht mehr stattfand. Auf Vermittlung kam es im Januar 1377 zum Waffenstillstand und mit diesem zur Wiederherstellung des Status quo.   
  • Die beiden jüdischen Männer, deren Verhaftung und Beschuldigung den Konflikt ausgelöst hatte, wurden von der Stadt Köln als 'Bauernopfer' des Sühnevertrages der Verurteilung und Hinrichtung überlassen. 
  • Die Abtei Deutz klagte erlittene Schäden ein. Die Stadt Köln musste 10.000 Goldgulden Schadenersatz leisten und die zerstörten Gebäude wieder aufbauen lassen. 
  • 1383 wurde eine neue Abteikirche geweiht, die Köln 1393 bereits wieder zerstörte.(5) Die Verpflichtung zum erneuten Wiederaufbau einer Abteikirche löste ein gotischer Neubau mit oktagonaler Kuppel auf den alten Fundamenten ein. 
Die Vorherrschaft des unter sich zerstrittenen Patriziats stürzten Kölner Bürger erst 1396. Sie entmachteten die Richerzeche (Bruderschaft der Patrizier) und gaben sich mit dem Verbundbrief von 1396 eine neue Verfassung, gemäß der sich der Magistrat der Stadt aus Vertretern der Zünfte (Bruderschaften der Handwerker) und der Gaffeln (sonstige Bruderschaften) zusammensetzte, wobei zwischen Zünften, Gilden, Gaffeln keine scharfe Trennung bestand.(6,7,8,9) 
 
Das Ziel einer demokratischen Verfassung unter Beteiligung der Bürgerschaft wurde jedoch verfehlt. Bereits nach wenigen Jahrzehnten ersetzte eine neue Oligarchie weniger Familien die alte Oligarchie der Geschlechter. Das von den Patrizierfamilien etablierte und noch immer lebende System des Kölner Klüngels setzte sich mit Eigenmächtigkeiten, Vetternwirtschaft und Korruption erneut durch. Lediglich Familiennamen bzw. Akteure wechselten. Um eigene Vorteile durchzusetzen, wurde in der Kölner Vergangenheit gerne auf den Verbundbrief verwiesen. Tatsächlich kannte jedoch kaum jemand den Inhalt.
 
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  1. Juden standen im Mittelalter unter einer besonderen Rechtsordnung, die ihnen Schutz gewährte, ihnen aber auch Schutzgelder abpresste und Rechte von Juden eingrenzte. Das Judenregal war als Schutzinstrument der jüdischen Bevölkerung ein Hoheitsrecht, das zur Finanzierung des Herrscherhaushalts beitrug, also eine Einkunftsquelle (Wikipedia: Judenschutz). Entstehen konnte der Kölner Schöffenkrieg nur, weil zuvor 1356 mit der Goldenen Bulle königliches Recht des Judenregals auf die Kurfürsten überging, was Judenordnungen zu einer Ware machte, die willkürlich gestaltet, verliehen und beliehen werden konnte. 
  2. Bereits Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg (1220-1274) stellte 1268 nicht zuletzt zum eigenen Nutzen das Kölner Judenprivileg aus, das Juden einen gewissen Schutz verschaffte gegenüber einer allgemeinen judenfeindlichen Einstellung, die sich seit den Kreuzzügen auch in der Kölner Bevökerung ausbreitete und nach der endgültigen Vertreibung des Erzbischofs aus Köln ab 1288 zunahm.
    Pestwellen der Jahre 1348 bis 1353 betrafen Juden aufgrund ihrer rituellen Reinheitsvorschriften weniger stark als die übrige Bevölkerung. Diese beschuldigte Juden, Brunnen vergiftet zu haben, um alle Christen zu ermorden. In Mitteleuropa kam es zu Pestpogromen, nach deren Ende jüdische Gemeinden in Europa ausgelöscht waren. Besonders unrühmlich ging die Kölner Bartholomäusnacht von 1349 in die Geschichte ein.
    - Wikipedia: Mittelalterliche Pogrome in Köln
    - Spiegel: Bartholomäusnacht am Rhein (PDF)
    Ab 1369 kehrten die ersten Juden nach Köln zurück und erhielten 1372 den auf 10 Jahre befristeten Judenschutzbrief. 1424 wurden Juden „auf alle Ewigkeit“ aus Köln verbannt. Das Verbot wurde erst Ende des 18. Jahrhunderts aufgehoben.
  3. Jüdische Geschichte in Köln: Die Bartholomäusnacht und ihre Folgen
  4. König Wenzel und die rheinischen Kurfürsten bekannten sich 1379 zu Papst Urban VI. (1318-1389) in Rom, der seit 1378 mit dem Gegenpapst Clemens VII. 1478-1534) in Avignon um das Papsttum stritt. Papst Urban erließ darauf Friedrich alle Schulden und sprach ihn vom Kirchenbann frei. 
  5. Aussage im Portal Förderverein Romanischer Kirchen Köln: Alt St. Heribert in Deutz. Gründe der erneuten Zerstörung von 1393 sind nicht genannt und waren online nicht zu ermitteln.
  6. WELT: Der Verbundbrief von 1396
  7. KölnWiki: Köln als Freie Reichsstadt ab Ende des 13. Jahrhunderts (1288) bis in die frühe Neuzeit (1794) 
  8. Portal Rheinische Geschichte: Die Kölner Gaffeln
  9. Portal Altes Köln: Gaffeln, Gilden Zünfte
 
 
7 Kölner oder Truchsessischer Krieg (1583-1588)

Truchsessische Truppen setzen am 11. August 1583 die Abtei Deutz in Brand (Hogenberg).
Truchsessische Truppen stürmen 1583 Deutz
Frans Hogenberg (1535-1590)
© Städtisches Museum Schloss Rheydt
& Achim Kukulies - CC BY-SA 4.0
1583 erlitt Deutz samt Abteikirche im sog. Kölner oder Truchsessischen Krieg erneut eine vollständige Zerstörung. Dieser über 5 Jahre dauernde Krieg wurde vor allem zwischen kurkölnischen und bayerischen Truppen ausgetragen. Er gilt als erster deutscher Religionskrieg und war so etwas wie das Vorspiel zum Dreißigjährigen Krieg. Die Stadt Köln spielte nicht die Hauptrolle, aber eine bedeutende Nebenrolle:
  • Der Kölner Erzbischof und Kurfürst Gebhard I. von Waldburg (1547-1601) hatte ein Liebesverhältnis mit der protestantischen Gräfin Agnes von Mansfeld,
    Kanonissin im adligen Frauenstift Gerresheim. Gebhard hatte die Priesterweihe empfangen und stand unter dem Zwang des Zölibats. Ein Konkubinat kam für die Gräfin nicht in Frage. Um das Verhältnis zu legalisieren und Agnes heiraten zu können, trat Gebhard zur reformierten Religion über und gewährte seinen Untertanen Religionsfreiheit. Als Erzbischof trat Gebhard nicht zurück, sondern er wollte das Kurfürstentum säkularisieren. Eine Säkularisierung hätte den Katholizismus in Deutschland massiv geschwächt und im Kurfürstenkreis eine Verschiebung zugunsten von Protestanten bewirkt, sodass die Wahl eines protestantischen Kaisers möglich geworden wäre.
  • Gebhard und Agnes heirateten am 2. Februar 1583 in Bonn.
  • Kaiser Rudolf II. (1552-1612) fordert 1583 Gebhard zum Rücktritt auf. Einige Tage später exkommunizierte ihn der Papst und enthob Gebhard aller Ämter. Das Kölner Domkapitel forderte der Papst zur Wahl eines Erzbischofs auf.
  • Die Mehrheit des Domkapitels bekannte sich zum Katholizismus. Sie bestimmte Ernst von Bayern (1554-1612) zum Erzbischof und sicherte sich derart militärische bayerisch-spanische Unterstützung.
  • Gebhard erkannte seine Absetzung nicht an. Als es zum Krieg kam, konnte Gebhard zur Verstärkung seiner eigenen Truppen nur wenig Unterstützung durch protestantische Fürsten mobilisieren.
  • Nach anfänglichen Erfolgen der protestantischen Truppen rief das Kölner Domkapitel spanische Truppen aus spanisch regierten Teilen der Niederlande zu Hilfe.
  • Im Verlauf der Kampfhandlungen wurden Rheinberg, Linz und erneut Deutz belagert, verwüstet und geplündert. Nach Eroberung seiner Residenzstadt Bonn am 28. Januar 1584 floh Gebhard in die Niederlande.
  • Der Krieg verselbständigte sich. Am Niederrhein und in Westfalen fanden Raub- und Zerstörungszüge mit Plünderungen durch wechselnde Besatzer statt.
  • Spanisch-flandrische Truppen belagerten im Juli 1596 Neuss. Sie eroberten, zerstörten, plünderten die Stadt und begingen Massenmorde.
  • Ebenfalls im Juli 1596 lauerte eine ohne Befehl auf Raubgut absehende Soldateska des Erzstiftes zwischen Junkersdorf und Melaten einem Konvoi von ca. 1000 Bauern und Händlern auf, die sich auf dem Weg von oder zu Wochenmärkten in Köln befanden. Ca. 200 Personen des Konvois wurden getötet, ca. 100 verletzt und 50 Personen gefangen gesetzt. Ernst von Bayern ließ den Vorfall untersuchen und entschuldigte sich bei der aufgebrachten Kölner Bevölkerung. Haupttäter der Soldateska wurden hingerichtet.  
  • Noch gab Gebhard den Kampf nicht auf. Er kehrte mit niederländischen Truppen zurück, die am 23. Dezember 1587 Bonn eroberten und verwüsteten. 1588 verlor er Bonn wieder und resignierte.
  • Nach einer mehrjährigen Odyssee ließen sich Gebhard und Agnes in Straßburg nieder, wo Gebhard 1601 verstarb und beigesetzt wurde. Agnes lebte bis zu ihrem Tod 1637 unter dem Schutz der Württemberger Herzöge in Württemberg und wurde in Sulzbach bestattet.
  • Als Folge des Kriegs verlor das Erzstift Köln nicht nur an Macht, sondern büßte in der Bevölkerung sein Ansehen ein. 
  • Der Kriegserfolg verschärfte mit Waffengewalt ausgetragene Religionskonflikte in Mitteleuropa. Zugleich setzte eine Internationalisierung der Konflikte ein, die in den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) mündeten.
 
 
8 Köln und Deutz ab dem Dreißigjährigen Krieg
 
Köln und die befestigte Freiheit Deutz 1621, Kupferstich 1646 von Matthäus Merian d. Ä.
Cöln und befestigte Freiheit Duytz 1621
Kupferstich 1646, Matthäus Merian d.Ä.
Sprengung Duytz 1632, Radierung Matthäus Merian 1633
Sprengung St. Urban in Duytz 1632
Radierung 1633, Matthäus Merian d.Ä.
Kölnisches Stadtmuseum
Im Dreißigjährigen Krieg bemühte sich Köln um Neutralität und konnte sich lange aus Kampfhandlungen heraushalten. Dennoch verstärkte Köln seine Befestigungen. Als schwedische Truppen unter General Baudissin in das Rheinland einziehen, fortifizierte Köln mit Einwilligung des Kurfürsten das kurkölnische Deutz. 1632 griffen schwedische Truppen den kurkölnischen Ort an, der von Kölner Stadtsoldaten unter schweren Verlusten verteidigt wurde. Dann kam es zu einer Katastrophe. In der Pfarrkirche St. Urban lagerndes Schießpulver entzündete sich und sprengte die Kirche samt aller umliegenden Häuser in Luft. 300 Menschen starben. Viele weitere Menschen erlitten Verletzungen. Über die Schuldfrage kursieren unterschiedliche Versionen.(1,2)  
 
Köln verstärkte Anstrengungen zur Fortifizierung von Deutz und vereinbarte mit Erzbischof Ferdinand von Bayern (1577-1650) eine Aufteilung der Kosten. Als der Erzbischof bis 1647 seinen Anteil noch immer nicht gezahlt hatte, machte Köln das, worin es sich über Jahrhunderte geübt hatte. Ein Jahr vor dem Westfälischen Frieden, der das Ende des Dreißigjährigen Kriegs besiegelte, ließ Köln die für viel Geld erbaute Deutzer Befestigung wieder abbrechen.

Im Zeitraum 1659 bis 1663 wurde auf alten Fundamenten der Abtei Deutz die bis heute erhaltene barocke Basilika in bescheideneren Ausmaßen als Abteikirche erstellt. Leicht ausgebuchtete Seitenschiffmauern sind Wölbungen der ehemaligen Zentralbauten des frühen 11. und späten 14. Jahrhunderts geschuldet. 
 
Im Kölner Bistumsstreit zwischen Wilhelm Egon Graf von Fürstenberg und Joseph Clemens von Bayern entbrannte 1688 ein politisch und militärisch ausgetragener Machtkampf um die Besetzung des Kölner Erzbischofssitzes und damit über die Herrschaft in Kurköln.
  • Fürstenberg wurde vom französischen König Ludwig XIV. unterstützt. Unter Einsatz französischer Bestechungsgelder bestimmte das Kölner Domkapitel Fürstenberg zum Nachfolger des 1688 verstorbenen Kölner Erzbischofs Maximilian Heinrich von Bayern
  • Papst Innozenz XI. wollte eine Machtausdehnung Ludwig XIV. verhindern und verweigerte seine Zustimmung. 
  • Bei einer erneuten Wahl trat Wilhelm Egon Graf von Fürstenberg gegen Joseph Clemens von Bayern aus dem Haus Wittelsbach an, ein Neffe des Vorgängers. Beide Kandidaten verfehlten die notwendige Zweidrittelmehrheit. Fürstenberg erhielt jedoch mehr Stimmen als Joseph Clemens und betrachtete sich als gewählt. Um Fakten zu schaffen, besetzte er Bonn und andere Plätze militärisch.
  • Um Joseph Clemens bildete sich eine breite Allianz. Kaiser Leopold I. und das Kufürstenkollegium wendeten sich an den Papst. Dieser erklärte Joseph Clemens zum Erzbischof, obwohl er mit 17 Jahren nicht das erforderliche kanonische Alter hatte.
  • Ludwig XIV. akzeptierte die Entscheidung nicht und schickte eine französische Armee zu Fürstenbergs Unterstützung. Aus dieser Intervention entwickelte sich der neunjährige Pfälzische Erbfolgekrieg, in den nahezu sämtliche europäischen Mächte involviert waren.
  • Gegen Ludwig XIV. bildete sich eine starke europäische Allianz. Die Belagerung von Bonn leitete 1689 die Rückeroberung der französischen Besetzung ein und ging mit starken Zerstörungen in Bonn und Umgebung einher.
  • Joseph Clemens war schließlich als Erzbischof durchgesetzt und häufte in den Folgejahren hohe Kirchenämter an, die seine politische Macht vergrößerten.
  • Joseph Clemens überwarf sich mit dem Kaiser und ging ein Bündnis mit Ludwig XIV. ein. Kurköln wurde 1701 erneut zum Kriegsschauplatz. 1702 besetzten kaiserliche Truppen Bonn. Joseph Clemens floh nach Frankreich ins Exil.
  • In Frankreich empfing Joseph Clemens die Priester- und Bischofsweihe, ging aber auch ein Verhältnis ein, aus dem mehrere Kinder hervorgingen.
  • 1706 verhängte Kaiser Joseph I. die Reichsacht über Joseph Clemens.
  • Das Kölner Domkapitel betrieb die offizielle Absetzung des Kurkölner Erzbischofs Joseph Clemens. Der Papst verweigerte seine Zustimmung.
  • 1715 kehrte Joseph Clemens in allen Würden und Ämtern nach Bonn zurück und brachte seine Geliebte mit. Als Residenz ließ er das Poppelsdorfer Schloss errichten.
  • 1723 verstarb Joseph Clemens in Bonn und wurde als Erzbischof von Köln im Kölner Dom beigesetzt.
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  1. Museen Köln: Pulverdampf und Tot vor 375 Jahren 
  2. Kölner Stadt-Anzeiger: 1700 Jahre Deutz: Sengen, Brennen und Plündern   
 
 
9 Köln und Deutz in der Franzosenzeit (1794-1813)
 
Mit der französischen Besetzung des Rheinlands unter Napoleon (1794-1813) wurden Klöster säkularisiert und die Abtei Deutz zur Pfarrkirche erklärt.(1,2) Etliche Klöster und Kirchen verfielen oder wurden zerstört. Die bisherige Pfarrkirche St. Urban war überflüssig und wurde abgerissen. Zahlreiche Kunstobjekte verschwanden. Wenn sie aus Edelmetallen bestanden, wurden sie oftmals eingeschmolzen. Andererseits setzte die französische Adminstratation im teilweise noch mittelalterlichen Köln längst überfällige Reformen in Gang, die Wertschätzung genossen. Nach dem Ende der französischen Herrschaft bat der Kölner Rat den preußischen König um Beibehaltung des französischen Verwaltungs- und Rechtssystems.(3)
  • 1803 kam Deutz mit anderen Resten ehemals kurkölner Territorien an das mit Frankreich kooperierendem Herzogtum Nassau-Usingen, um dessen Fürsten nach der französischen Besetzung des Rheinlandes für den Verlust der Grafschaft Nassau-Saarbrücken zu entschädigen. 
  • 1806 entstand als napoleonischer Vasallenstaat das Großherzogtum Berg, dem Deutz angegliedert wurde. 
  • 1806 bildete sich unter dem Protektorat von Napoleon der rechtsrheinische Rheinbund, dem u.a. das Großherzogtum Berg und das Herzogtum Nassau-Usingen beitraten.
  • Ab 1813 fiel der Rheinbund mit den Befreiungskriegen auseinander. 
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  1. Wikipedia: Geschichte der Stadt Köln - Das französische Köln
  2. Erzbistum Köln: Die französische Herrschaft im Rheinland - Die Säkularisation und ihre Folgen
  3. Wikipedia: Oversburg - Wandel städtischer Strukturen
 
 
10 Köln und Deutz in der Preußenzeit (1814-1918)
 
Nach den Befreiungskriegen wurde mit der territorialen Neuordnung gemäß Vereinbarungen des Wiener Kongresses (1814/5) dem Königreich Preußen u.a. das Rheinland zugesprochen.(1) Preußen verstand sich als Schutzwall gegen Frankreich, das seine Ostgrenze bis an den Rhein verschieben wollte, und umgab Köln mit einem doppelten Festungsring, der Deutz einbezog.(2)
 
Der Kölner Dom wurde zum Symbol der deutschen Nationalbewegung. König Friedrich Wilhelm IV. legte 1842 den Grundstein zum Weiterbau des Doms. 1862 wurde der Domkran abgebrochen, bis dahin ein Wahrzeichen der Stadt. 1880 feierte Köln nach 632 Jahren Bauzeit die Vollendung des Doms mit einem großen Fest.(3) Die Beziehungsgeschichte zwischen rheinischer und preußischer Mentalität blieb jedoch kompliziert.(4) Das Stereotyp eines Kulturkampfs zwischen Preußen und dem Rheinland hält kritischen Prüfungen kaum stand. Kölner verhalten sich eher pragmatisch und wussten sich seit der Römerzeit jeder Herrschaft anzupassen.(5)

Da Köln im 19. Jahrhundert ein starkes Wachstum verzeichnete und sich ausdehnen musste, wurde von 1881 bis 1896 die mächtige, seit der Römerzeit mehrfach erweiterte und verstärkte, von Feinden nie überwundene Kölner Stadtbefestigung bis auf die repräsentativen Torburgen und wenige Reste niedergelegt. 1888 erfolgte im Rahmen einer großen Eingemeindung die Eingliederung auch mehrerer rechtsrheinischer Vororte, u.a. Deutz.  
 
Ende des 19. Jahrhunderts wurde Neu St. Heribert zur Deutzer Pfarrkirche und übernahm 1896 den Heribertschrein.(6) Alt St. Heribert blieb erhalten und ist seit den 1990er Jahren der griechisch-orthodoxen Gemeinde Köln überlassen. 

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  1. Wikipedia: Geschichte der Stadt Köln - Das preußische Köln
  2. Lt. Bestimmungen des Versailler Vertrages von 1919 musste Deutschland auf beiden Seiten des Rheins sämtliche Befestigungsanlagen beseitigen. Konrad Adenauer (1876-1967), Kölner Oberbürgermeister von 1917-1933 sowie für kurze Zeit 1945, setzte den Beschluss unvollständig um und ließ einige Festungsanlagen zum Kölner Grüngürtel umgestalten.   
  3. In der Realität bleibt der Dom jedoch eine ewige Baustelle. Die Kölner Dombauhütte beschäftigt in der Gegenwart ca. 100 Mitarbeiter. 
  4. Kölnisches Stadtmuseum: ACHTUNG PREUSSEN!
  5. H/SOZ/KULT: Köln und Preußen. Studien zu einer Beziehungsgeschichte
  6. Siehe übernächstes Kapitel: Besichtigung Neu St. Heribert 
 
 
11 Köln in der Weimarer Republik (1918-1933)
 
Konrad Adenauer (1876-1967), erster Kanzler der nach dem 2. Weltkrieg 1949 konstituierten Bundesrepublik Deutschland, war in der Weimarer Republik als Angehöriger der Deutschen Zentrumspartei im Zeitraum 18.09.1917 -17.07.1933 Oberbürgermeister der Stadt Köln.(1) Adenauer brachte die Stadtentwicklung Kölns voran. Er engagierte sich erfolgreich für die wirtschaftliche Entwicklung Kölns, förderte Wissenschaft und Kultur und setzte die Umgestaltung des preußischen Festungsrings zum Kölner Grüngürtel durch. In Fragen katholischer Anschauungen blieb Adenauer jedoch gegenüber der Freiheit von Wissenschaft und Kunst engstirnig und übte Zensur aus.(2) Gegenüber der Kultur des Kölner Klüngels (3) zeigte sich Adenauer aufgeschlossen. Wie er als Kölner Oberbürgermeister private Finanzschwierigkeiten mit Methoden des Kölner Klüngels umschiffte, dokumentierte 1961 die Wochenzeitschrift Spiegel.(4)
 
1933 weigerte sich Adenauer, Adolf Hitler anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung in Köln zu begrüßen und verbot Hakenkreuzflaggen auf Kölner Brücken. Aus der Kommunalwahl 1933 ging die NSDAP als stärkste Partei hervor. Adenauer wurde abgesetzt und versteckte sich zeitweilig.(5) Eine Mitarbeit in der Widerstandsbewegung lehnte Adenauer ab. Über 2 Monate war Adenauer 1944 im Gestapo-Gefängnis der Abtei Brauweiler inhaftiert. Da keine Verbindungen zum Widerstand nachzuweisen waren, wurde Adenauer freigelassen.(7)
 
Um seine Pensionsansprüche zu sichern, verwies Adenauer in Briefen auf sein wohlwollendes Verhalten gegenüber der NSDAP.(6) Als Kanzler der Bundesrepublick Deutschland sprach sich Adenauer für die Beendigung von Verfahren der Entnazifizierung aus und erklärt 1952 in einer Bundestagdebatte:(8)
  • "Wir sollten jetzt mit der Naziriecherei einmal Schluss machen, denn, verlassen Sie sich darauf, wenn wir damit anfangen, weiß man nicht, wo es aufhört.“
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  1. Die Deutsche Zentrumspartei (DZP oder Zentrum) war Vertreterin des politischen Katholizismus in Deutschland. Die DZP stimmte 1933 Hitlers Ermächtungsgesetzen zu und verhalf ihm so zur erforderlichen Mehrheit. Da eine Kooperation nicht zustande kam, löste sich die Partei 1933 auf. Zahllose Politiker und Mitglieder der Partei wurden verfolgt und umgebracht. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg übernahm die politisch weiter rechts stehende CDU die Rolle der DZP, die als sozialpolitisch linke Kleinpartei mit abnehmender Relevanz weiter bestand.
  2. Wikipedia: Konrad Adenauer
  3. WELT: Warum die Kölner ihren Klüngel so lieben
  4. Spiegel: Unfaßbar hoch
  5. Wikipedia: Konrad Adenauer 
  6. Wikipedia: Konrad Adenauer
  7. LVR-Kulturzentrum Abtei Brauweiler: Gedenkstätte Brauweiler: Konrad Adenauer
  8. Wikipedia: Konrad Adenauer 
 
 
12 Köln in der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945)
 
Nach ihrer Machtübernahme bestimmte der Nationalsozialismus auch in Köln das gesamte politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben der Stadt und ihrer Bevölkerung.(1,2) Am 30. März 1933 wurde Hitler die Ehrenbürgerwürde der Stadt Köln verliehen.(3) Zu diesem Anlass überreichte die Stadt ein Exemplar (von mehreren) der Orginalurkunde des Verbundbriefs von 1396, der den Übergang städtischer Gewalt von einer Oligarchie Kölner Patrizier zu einer Stadtverfassung vollzog, gemäß der Kaufleute und Handerwerker in genossenschaftlich organisierten Gaffeln den Kölner Rat stellten.(4,5) Den symbolischen Akt der Urkundenübergabe kommentiert der Begleitband zur Ausstellung "Vergiss es! Nicht. Vom Erinnern und Vergessenwerden" des Kölner Stadtarchivs:(6)
  • "Angesichts der hohen Bedeutung, die Köln seinem Verbundbrief zuschrieb, hatte seine Übergabe an ein nicht-kölnisches Staatsoberhaupt die Funktion einer Unterwerfung."
Unmitttelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten setzte unter den Augen der Öffentlichkeit mit Beteiligung der Kölner Bevölkerung Terror gegen Kölner Juden ein.(7) Jüdische Einrichtungen und Organisationen wurden umgestaltet oder aufgelöst. Während der Novemberpogrome 1938 brannten Kölner alle 6 jüdische Synagogen nieder. Von ca. 16.000 Kölner Juden konnten ungefähr die Hälfte fliehen. Die andere Hälfte wurde umgebracht.(8) Wie schon im Mittelalter, war Köln Ende 1943 offiziell "judenfrei".(9)

Während des 2. Weltkriegs zerstörten alliierte Flächenbombardements weite Teile der Stadt. Köln wurde insgesamt 262 Mal bombardiert, mehr als jede andere deutsche Stadt, davon 31 Mal schwer. 95 % der Kölner Altstadt waren 1945 zerstört.(10,11,12) Der Dom wurde zwar beschädigt, aber nicht zerstört. Kölner glauben vielfach, dass britische Bomber den Dom bewusst verschonten oder dass der Himmel den Dom schützte. Annahmen dieser Art bereichern den unüberschaubar großen Kölner Schatz der Mythen und Legenden.(13)
 
Nach dem 2. Weltkrieg verbreiteten sich in Köln Narrative eines besonderen Kölner Widerstandsgeistes, der sich u.a. auch im Kölner Karneval gezeigt habe. Diese Überlieferungen erweisen sich als bewusste Verfälschungen.(14,15,16,17) Selbst im Hänneschen-Theater hetzten Aufführungen gegen das Judentum und jüdische Bürger.(18) Erst in der Ratssitzung vom 27.04.1989 beschloss der Rat der Stadt Köln die Nichtigkeit der Ehrenbürgerwürden von 1933 bis 1945, da sie nicht rechtmäßig zustande gekommen seien.(19)

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  1. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln: Der nationalsozialistische Machtapparat  
  2. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln: Aufstieg und Machtergreifung der NSDAP
  3. Stadt Köln: Ehrenbürger von 1933-1945
  4. WELT: Der Verbundbrief von 1396
  5. LVR: Rheinische Geschichte: Die Kölner Gaffeln
  6. Begleitband zur Ausstellung "Vergiss es! Nicht. Vom Erinnern und Vergessenwerden", S. 138
  7. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln: Jüdisches Schicksal
  8. Wikipedia: Deportationen in der NS-Zeit aus Köln 
  9. Köln-Magazin: Köln zur Zeit des Nationalsozialismus 
  10. Wikipedia: Geschichte der Stadt Köln - Köln in der Zeit des Nationalsozialismus
  11. Wikipedia: Operation Millenium
  12. NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln: Im Krieg
  13. WELT: Britische Bomber legen Köln in Schutt und Asche
  14. Wikipedia: Fasching während des Nationalsozialismus
  15. Süddeutsche Zeitung: Der braunste Spaß der Welt
  16. Deutsche Welle: Karneval unterm Hakenkreuz
  17. Post vom 28.12.2011: Berliner Streifzüge durch Gedenkstätten von Irrtümern und Terror
  18. Wikipedia: Jüdische Geschichte in Köln - Kölner Juden zur Zeit des Nationalsozialismus
  19. Stadt Köln: Ehrenbürger von 1933-1945 
 
 
13 Historischer Park Deutz in der Gegenwart
 
Luftaufnahme 2011 Ausgrabungen Deutz Fundamente des nördlichen Osttor-Turms des römischen Kastells Deutz Luftaufnhme Historischer Park Deutz
 
    Kurzbeschreibung der Fotos:
    L: Luftaufnahme des Ausgrabungsgeländes am Deutzer Rheinufer
    M: Römisches Fundament des nördlichen Osttor-Turms des ehemaligen Kastells Divitia
    R: Luftaufnahme von Volker Dennebier mit Legende der Objekte, © FHPD e.V. 
 
Auf dem Weg von Alt St. Heribert nach Neu St. Heribert verweilen wir am Historischen Park Deutz, der mit dem Bau des 2015 eröffneten Rheinboulevards am Deutzer Rheinufer entstanden ist. Bauarbeiten ermöglichten im Zeitraum 2010-2015 umfangreiche archäologische Grabungen, die Spuren aus 1700 Jahre Stadtgeschichte freilegten:(1)
  • Reste des spätrömischen Kastells Divita (erbaut 310-315 n.Chr.), 
  • Fundamente und Grundmauern der fränkischen Kirchenruine St. Urban aus dem 9. Jahrhundert, 
  • Fundamente eines Wehrturms der Grafen von Berg, aus deren Familien mehrere Kurkölner Erzbischöfe hervorgingen, 
  • Reste der preußischen Festungs- und Eisenbahnanlagen des 19. Jahrhunderts. 
2011 konstituiert sich der Förderverein Historischer Park Deutz (FHPD), der sich den Erhalt des kulturellen Erbes in Deutz auf die Fahne geschrieben hat und die Erschaffung eines historischen Parks Deutz erfolgreich aktiv betreibt, wie bedeutende Meilensteine dieses Weges zeigen:
  • 2018 beschließt der Rat der Stadt Köln den Historischen Park Deutz als neuen Stadtraum für Archäologie und Stadtgeschichte.
  • 2019/2020 finanziert der Förderverein die Erstellung eines Bronzemodells des Deutzer Kastells Divitia und gibt es als Dauerleihgabe an die Stadt Köln. Aufgestellt ist das Modell seit dem 28. Juni 2020 auf dem sog. Archäologischen Balkon des Deutzer Rheinboulevards.
  • Mit der Ernennung des Niederrheinischen Limes zum UNESCO Welterbe am 27. Juli 2021 wird der Historische Park zu einer von drei Kölner Stationen dieser Welterbestätte ernannt (neben dem römischen Praetorium und dem Flottenkastell Alteburg, dem ehemaligen Hauptquartier der römischen Rheinflotte im heutigen Stadtteil Marienburg).(2,3,4)
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14 Besichtigung Neu St. Heribert (1)

Neu St. Heribert, Köln-Deutz - Luftaufnahme Raimond Spekking Heribertschrein im Chor von Neu St. Heribert Heribertschrein in Neu St. Heribert

    Kurzbeschreibung der Fotos:
    L: Luftaufnahme Neu St. Heribert, Köln-Deutz, © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
    M: Hochalter und Heribertschrein
    R: Westliche Längsseite des Heribertschreins mit Reliefs von Aposteln und Propheten

Langhaus Neu St. Heribert Kirchtürme und Portal von Neu St. Heribert
Die Kirche steht auf dem Gelände des Tempelhofs, der einst von der Benediktiner-Abtei St. Pantaleon als Lehen an den in vielen Legenden verstrickten Templerorden ging. Als der Orden 1312 aufgehoben wurde, gingen die Lehen an den Johanniterorden. 1803 wurde der Orden im Rahmen der Säkularisation enteignet und dessen Besitztümer verkauft. Den ca. 7000 qm großen Tempelhof erwarb 1807 Wilhelm Neuhoff und vererbte ihn an Johann Caspar Neuhoff. Dessen Witwe Mechtildis vermachte das Grundstück der katholischen Pfarrgemeinde mit der Auflage, spätestens 10 Jahre nach ihrem Tod den Neubau einer Kirche zu beginnen. 1891 begann der Neubau von St. Heribert im Ende des 19. Jahrhunderts populären neuromanischen Stil, der zur Umgestaltung Kölner romanischer Kirchen motivierte. Die Längsachse von St. Heribert ist parallel zum Rhein ausgerichtet, sodass die Kirche entgegen der Regel nicht geostet ist. Der Heribertschrein zog anlässlich der Weihe des Neubaus von der Abteikirche St. Heribert nach Neu St. Heribert um. 

Stirnseite des Heribertschreins in Neu St. Heribert Liturgische Geräte in der Schatzkammer von Neu St. Heribert Der Schrein ruht in einem Glaskasten hinter dem Hochalter auf einer Steinplatte aus grünem Marmor, die vier Säulen aus grünem Marmor tragen. Um den Schrein befindet sich ein begehbares Gerüst, sodass er aus der Nähe betrachtet werden kann.(2,3) Kunsthistorisch gilt der Schrein als eines der bedeutendsten erhaltenen Werke spätromanischer Zeit. Der Schrein ist wie ein Haus geformt. Die Stirnseite zeigt die Madonna mit zwei Engeln. Auf der Rückseite ist Heribert auf einem Bischofsthron dargestellt. An den Längsseiten sind plastische vergoldete Sitzfiguren der Apostel dargestellt. Zwischen den Apostelfiguren zeigen Emaille-Platten Propheten und Könige. Auf den Dachschrägen erzählen jeweils sechs Emaille-Medaillons Begebenheiten aus dem Leben des Heribert.
 
 
Im Sacrarium von Neu St. Heribert sind sakrale Kultgegenstände ausgestellt, die lt. Überlieferung zum Teil aus dem Besitz des Heiligen und teilweise aus späterer Zeit stammen. Zu sehen sind u.a. der sog. Heribertstab, dessen Griff aus Walrosszähnen gearbeitet ist, ein vergoldetes Silber-Trinkgefäß, in das eine Kokosnussschale eingearbeitet ist, die Heribert vermeintlich als Trinkgefäß diente sowie byzantinische Seidenstoff-Fragmente aus dem Schrein. 

 

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15 Historisches Archiv der Stadt Köln

Neues Historisches Archiv Köln
Nach dem Einsturz des historischen Archivs der Stadt Köln im März 2009 (1), konnte am 3. September 2021 ein moderner Neubau an einem anderen Standort eröffnet werden.(2,3) Architektur, Innendesign und Ausstattung des neuen Archivs sind im besten Sinne bemerkenswert gelungen.(4,5)  Anlässlich der Eröffnung präsentiert das Archiv vom 20. Oktober 2021 bis 8. Mai 2022 die sehenswerte Ausstellung "Vergiss es! Nicht. Vom Erinnern und Vergessenwerden".(6)







16 Projekte Time Machine Cologne und Time Machine Europe

Historisch interessierte Kölner haben 2019 ein Freizeitprojekt konstituiert, das sich zum Ziel gesetzt hat, eine digitale Zeitmaschine der Geschichte Kölns ab dem Jahr 1300 (Übergang vom Hochmittelalter zum Spätmittelalter) bis zur Gegenwart zu entwickeln. Auf dem Portal Altes Köln veröffentlichte Ergebnisse zweijähriger Arbeit des Teams sind beeindruckend. Die Stadt Köln hat mit Timemachine Köln einen Kooperationsvertrag geschlossen.(1)
 
Das Kölner Projekt ist Partner des von der europäischen Kommission geförderten europäischen Großforschungsprojektes Time Machine Europe, dessen Anspruch über Verknüpfungen von Gegenwart mit Vergangenheit hinausweist.(2) An dem Projekt beteiligen sich ca. 600 Organisationen aus mehr als 40 Ländern. Das Großprojekt zielt darauf ab, eine Big Data der Vergangenheit als ein riesiges verteiltes digitales Informationssystem zu entwickeln, das die soziale, kulturelle und geografische Entwicklung Europas im Laufe der Zeit abbildet. Langfristig werden starke positive Auswirkungen auf den europäischen Zusammenhalt, die Wirtschaft und die Gesellschaft erwartet, die konkrete Beiträge zur Förderung des kritischen Denkens auf allen Entscheidungsebenen leisten werden und damit zur Stärkung des europäischen Identitätsgefühls sowie zur Steigerung der wissenschaftlichen und technologischen Wettbewerbsfähigkeit, zum Unternehmertum und zur Beschäftigung in wissensintensiven und kreativen Sektoren in der Europäischen Union beitragen.(3,4)

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  1. Stadt Köln: Stadt schließt Kooperationsvertrag mit Timemachine Köln
  2. CORDIS: Time Machine: Big Data of the Past for the Future of Europa
  3. TU Dresden: "Time Machine" leutet ein neues Zeitalter ein
  4. TU Dresden Projekte: Time Machine - Initiative for a Joint European Large-Scale Research Project

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